Süden

Mehr als nur viel nackte Haut

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In Rio de Janeiro gibt es gutes Wetter, kilometerlange Strände und ein pulsierendes Nachtleben. Allerdings hat die Metropole auch viele Probleme, mehr als eine Millionen Menschen leben in Armenvierteln, so genannten Favelas. Diese sieben Highlights zeigen die Stadt von ihren guten und schlechten Seiten.

 


Sonne, Strand, schöne Frauen in knappen Bikinis – die Klischees über Rio sind wohl jedem bekannt, und nach einem Besuch der brasilianischen Metropole weiß man: viele von ihnen sind auch wahr. An den Stränden von Ipanema und Copacabana liegen die sonnengebräunten Schönheiten reihenweise auf ihren Handtüchern und lassen der männlichen Gedankenwelt nicht viel Spielraum für Fantasie.

Das Oberteil scheint meist eine Nummer zu klein, der Stringtanga ist Pflicht. Die Brasilianerinnen wollen eben zeigen, was sie haben, schließlich ist manches davon teuer bezahlt. Immerhin legen sich in dem südamerikanischen Land jedes Jahr mehr Menschen für Schönheits-OPs unter das Messer als irgendwo sonst auf der Welt.

Abgesehen von viel nackter Haut hat Rio aber noch einiges mehr zu bieten und es lohnt sich, den Strand auch mal zu verlassen. Wer ein paar Tage in der atemberaubenden Stadt verbringt, sollte diese sieben Highlights nicht verpassen:

Ipanema1
Das Viertel im Süden der Stadt ist der perfekte Ausgangspunkt für einen Urlaub in Rio. Die Hostels sind bezahlbar und schön, die Straßen recht sicher und der Strand nur ein paar Blocks entfernt. In der Visconde de Pirajá reihen sich kleine Boutiquen und Restaurants aneinander.

Die tollen Alleen des Viertels, deren Bäume besser in einen Dschungel anstatt an eine vielbefahrene Straße passen würden, tun ihr übriges für die entspannte Atmosphäre.

Nach einem Straßenbummel sorgen die vielen Saftbars in Ipanema für Erfrischung. Wer ins Zentrum möchte, sollte lieber einen billigen Bus als ein Taxi nehmen, die rasante Fahrt bleibt garantiert unvergesslich.

Copacabana
Das wohl berühmteste Viertel Rios hat vor allem eins: jede Menge weiße Hochhäuser, die sich direkt am Strand türmen. In ihnen befinden sich die schicksten Hotels der Stadt. Auch wenn man sich die Nacht dort nicht leisten kann: Es lohnt sich in jedem Fall, mal einen Blick in die Lobby zu werfen.

Der 4,5 Kilomrio 4eter lange Strand ist der Platz der Reichen und Schönen, hier geht’s es ums Sehen und Gesehen werden. Also nicht wundern, wenn aufgepumpt wirkende junge Männer in winzigen Badehosen an der Promenade flanieren.

Zuckerhut
Der 396 Meter hohe Fels ist das Wahrzeichen Rios und sein Besuch ein Muss für jeden Touristen. Mit der Seilbahn geht es über eine Zwischenstation auf dem Morro de Urca hoch auf den „Pão de Açúcar”.

Oben heißt es dann nur noch genießen. Die Stadt liegt vor einem, rechts das Zentrum und die Bucht von Botafogo, links Copacabana und Ipanema, dazwischen viel mehr Hügel und Berge, als man erwartet hätte. Besonders spektakulär ist der Blick in der Abenddämmerung, wenn die Sonne zwischen den Hügeln untergeht. Klingt kitschig, ist aber unvergesslich.

Escadaria de Selarón
Dank Snoop Dogg kennt sie die ganze Welt: Die Escadaria de Selarón im Viertel Santa Teresa. Zum Videodreh seines Hits „Beautiful” nahm der Rapper auf der Treppe Platz, so wie jeden Tag hunderte von Touristen.

Die mit unzähligen bunten Mosaiksteinen und Fliesen geschmückte Treppe ist das Werk eines chilenischen Künstlers, der seit 22 Jahren an der Verzierung der 215 Stufen arbeitet.

Dabei baut er in sein Kunstwerk auch Fliesen ein, die Wahrzeichen aus der ganzen Welt zeigen. Also sollte man etwas Zeit mitbringen, um auch das Wappen seiner Stadt wiederzufinden.

Urcario 3
Am Fuße des Zuckerhuts liegt das nette Viertel Urca, in dem es sich wunderbar spazieren lässt. Entlang der Hauptstraße hat man einen tollen Blick auf die Bucht von Botafogo, und am kleinen Strand, der Praia de Urca, ist es längst nicht so überlaufen und hektisch wie an der Copacabana. Fast fühlt man sich wie in einem kleinen Fischerdorf, und das mitten in Rio!

Christusstatue
Er wacht hoch oben über der Stadt, so hoch, dass er bei schlechtem Wetter komplett in den Wolken verschwindet: Der Cristo Redentor streckt seine Arme auf dem 710 Meter hohen Corcovado aus. Die 30 m hohe Statue aus dem Jahr 1931 thront auf einem 8 Meter hohen Sockel und ist neben dem Zuckerhut die zweite Pflichtübung für die meisten Touristen.

Schon der Aufstieg mit der alten Zahnradbahn ist ein Höhepunkt, denn der Weg führt mitten durch tiefsten tropischen Wald. Auf der Aussichtsplattform bietet sich einem dann ein Blick auf ganz Rio. Erst in dieser Höhe wird klar, welche Ausmaße die Metropole hat – und wie einzigartig ihre Lage mit Meer, Bergen und Stränden ist.

Selbst bei Regen und Nebel lohnt sich die Tour, denn die Statue ist respekteinflößend und vor allem bei wolkenverhangenem Himmel ein tolles Fotomotiv.

Favela-Tour
Die Favelas gehören zu Rio wie der Dom zu Köln, und dennoch streiten sich viele Touristen darüber, ob sie sie besuchen sollen. Eins ist klar: Auf eigene Faust kann das lebensgefährlich sein, denn die meisten der rund 1000 Armenviertel sind in der Hand von Drogenbossen und erst nach und nach werden die Favelas befriedet und durch starke Polizeipräsenz sicherer.

rio 2Mit einer geführten Tour, die so gut wie jedes Hostel anbietet, ist ein Besuch aber ungefährlich. Was viele abhält, ist der moralische Aspekt: Soll man sich als „Reicher Tourist” ansehen, wie arme Menschen leben? Und wer profitiert davon? Andererseits leben mehr als 1 Millionen der rund 12 Millionen, die in der Metropolregion Rio wohnen, in Favelas, die Viertel sind Teil der Kultur. Soll man die Bewohner dennoch von seinem Besuch in Rio ausschließen? Ein Punkt, über den gut nachgedacht werden sollte.

Viele Veranstalter unterstützen mit einem Teil des Geldes soziale oder künstlerische Projekte in der Favela, so auch in Rocinha, der größten Favela Südamerikas. Mehr als 70.000 Menschen leben dort in beengten Verhältnissen. Ihre Häuser sind aus Stein, Holz oder Abfall wie Pappresten und Plastikteilen, die sie auf der Straße gesammelt haben. Ein Abwassersystem gibt es nicht, wenn es regnet, sind die kleinen Gassen oft überflutet.

Vier Hauptstraßen führen den Berg hoch, rauf geht es mit dem Motortaxi, einem Motorrad, runter zu Fuß. Nach der rund zweistündigen Tour vorbei an schwer bewaffneten Polizisten, kleinen Läden und heruntergekommenen „Häusern” hat man einen anderen Blick auf die Stadt und glaubt, etwas mehr von ihr verstanden zu haben.

(Text und Fotos: Katrin Seidelmayer)

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