Die Fußball-Romantik hat in den letzten Tagen eine der letzten Bastionen verloren. Der FC Barcelona hat mit der großen Tradition der werbefreien Trikotbrust gebrochen und kassiert dafür innerhalb von fünf Jahren 165 Millionen Euro. Was für Traditionalisten der Fall eines weiteren Vorhangs bedeutet, konstituiert für „Barca” einen überaus lukrativen Geldsegen. [divide]

Die 30 Millionen Euro, die die Qatar-Foundation jährlich überweist, kann der Klub nur allzu gut gebrauchen. Immerhin belasten über 400 Millionen Euro Schulden dessen Konto. Öffentlich wurde die finanzielle Schieflage nach der in diesem Jahr abgelaufenen Amtszeit von Ex-Präsident Joan Laporta. Damals beherrschten Verschwendung und Größenwahn die Führungsetage. Reisen mit dem Privat-Jet, 1600 U2-Konzert-Karten, 2 Millionen Euro für Privatdetektive – die Liste ließe sich wohl mit weiteren unzähligen Unsinnigkeiten fortführen. Neu-Präsident Sandro Rosell stand damit vor einem wahren Scherbenhaufen.

Gegenpart zu Real Madrid
400 Millionen Euro Schulden beim Verein, der in der Öffentlichkeit eben nicht als die Geldverbrennungsmaschine gesehen wird. Mit der absoluten Förderung eigener Talente und einem vereinsinternen – allseits internalisierten – Spielsystem wollte man sich von der breiten Masse abheben. Vor allem sah Barcelona sich stets als Gegenpart zum Erzrivalen Real Madrid.
Der Konflikt mit Real rührt noch aus Zeiten der Franco Diktatur. Ab den 1940-er Jahren wurde Madrid intensiv von den Faschisten um Franco unterstützt, während Barcelona sich als Hort und Team des Widerstandes etablierte. Die Spitze des Berges wurde in einem 11:1 Sieg Reals über Barca erreicht, als Repressionen, Bedrohungen und Schiedsrichterbestechungen gegen die Mannschaft aus Barcelona eingesetzt wurden.

Die Verfehlungen der letzten zehn Jahre haben Barca aber eingeholt. Schon der sinnentleerte Transfer von Zlatan Ibrahimovic, für den die Katalanen 50 Millionen Euro plus Samuel Eto’o bezahlten, schien nicht unbedingt sinnvoll und widersprach diametral der ursprünglichen Vereinsphilosophie. Auch ständige Dopingvorwürfe und Munkeleien um den Dopingarzt Fuentes kratzten am Image Barcelonas. Freilich sind Xavi, Messi und Co. mit diesen Vorwürfen nicht alleine konfrontiert, denn Fuentes bezieht die Vorwürfe auf fast ganz Spanien.

Finanzkrise bewältigen
Heute muss die Führungsebene um Rosell ganz konventionelle Wege gehen, um die eigene Finanzkrise zu bewältigen. Da kamen die 165 Millionen Euro der Qatar-Foundation grade recht, ein solches Angebot konnte nicht abgelehnt werden. Zu groß waren die Verfehlungen der letzten Jahre, zu groß war das monetäre Loch. Es ist wohl eine Win-Win-Situation, denn die Qatar-Foundation hat Geld wie Sand am Golf und die gemeinnützige Foundation, die viele soziale Projekte unterstützt, muss massiv die Werbetrommel für die WM 2022 in Katar rühren. Der Win-Faktor Barcas liegt im riesigen Geldsegen und in der Tatsache, dass das Projekt mit unicef weitergeführt werden kann.
Seit 2006 ziert unicef die Brust der „blaugrana”, jedoch nicht im konventionellen Werbesinn. Denn Barcelona erhält kein Geld für diese Trikotwerbung, es spendet vielmehr 1,5 Millionen Euro jährlich. Dieses Engagement wird weiterhin am Leben gehalten und auch auf dem Trikot platziert – trotz Qatar-Foundation. Damit bleibt Barcelona mit diesem sozialen Projekt immerhin ein Image-Plus erhalten.

Der Bruch mit der 111 Jahre alten Tradition der werbefreien Brust demonstriert, dass die Legende um Barcelona und sein Wunderimage bei den massiven Schulden und diesem unfassbaren Werbeangebot der Qatar-Foundation endet. Am Ende ist eben doch jeder käuflich, man muss nur genügend Fehler und zu wenig Geld haben – so wie Barcelona im 21. Jahrhundert. Die Mär des romantischen Vereins und des traditionellen Fußballs bröckelt weiter.

(Text: Jerome Kirschbaum)

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  • Jerome K.

    Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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Von Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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