2013 steht wieder einmal eines dieser vielen „Superwahljahre” an. back view hatte die einmalige Gelegenheit, sich mit “der Politik” zum Interview zu treffen. Was die Politik über den Nutzen von Wahlen, ihre eigene Verantwortung und ihr Verhältnis zur Macht denkt, hat sie uns erzählt.
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back view: Liebe Politik, 2013 könnte DEIN Jahr werden – Landtagswahlen in Niedersachsen und Bayern und Hessen, dazu die Bundestagswahl. Was braucht man mehr für ein wenig Imagepflege?
Politik: Ich freue mich tatsächlich auf die kommenden Monate. Es wird Wahlkämpfe und unzählige dieser unnötigen Veranstaltungen geben. Medien berichten und Menschen reden wieder über mich! Ich liebe Wahlkämpfe. Besonders in Bayern wird es aufregend werden. Die Zickereien und Seehofer‘schen Widersprüche finde ich besonders unterhaltsam. Auch, wenn die mir und meinem Ansehen am Ende wohl eher noch schaden werden.
Wie schätzt DU die Chancen von Steinbrück bzw. der SPD bei der Bundestagswahl im September ein?
Erfahrungsgemäß eher schlecht. Die deutschen Bürger haben an Angela Merkel nicht viel auszusetzen. Dafür verhält sie sich zu unauffällig und regelt alles im Hintergrund. Unbeliebte politische Entscheidungen werden jetzt sowieso nicht mehr getroffen. Stattdessen gibt es bestimmt noch das ein oder andere Wahlgeschenk, das CDU, CSU und FDP durchwinken werden. Tja, und was soll ich zur SPD sagen. Steinbrück hat in den letzten Jahren wohl ein wenig verlernt, taktisch klug mit mir umzugehen.
Es wird ja oft behauptet, dass es in Deutschland mittlerweile egal ist, welche Partei an der Macht ist und dich gestalten darf. Stimmt das?
Das würde ich so nicht unterstreichen. Natürlich gibt es nicht mehr die großen einschneidenden Entscheidungen in der deutschen Politik, durch die sich die Parteien besonders unterscheiden. Aber ist das überhaupt notwendig? Deutschland geht es doch gut. In vielen Punkten, wissen die Parteien heute eben, was wichtig und richtig für die deutschen Bürger ist – da kann es oft nicht mehr die großen fundamentalen Differenzen geben.
Aber wenn man sich die Parteiprogramme tatsächlich mal genauer durchliest, so werde ich doch immer noch in einigen Punkten unterschiedlich ausgerichtet. Die Parteien gestalten mich trotz allem nicht gleich. Deshalb sollte man sich schon bewusst machen, für wen man seine Stimme bei einer Wahl abgibt.
Wieso bekommst DU das mit Griechenland eigentlich nicht gebacken?
Ich? Das ist ja wohl ein Scherz! Erst haben die Griechen nicht gewusst, wie sie ordentlich mit mir umgehen sollten. Jahrzehntelang wurden doch auf meinem Rücken Gesetze gemacht, mit denen sich die Schulden zu einem riesigen Akropolis-Berg anhäuften. Und jetzt verstricken sich die Politiker Europas immer wieder in Machtspielchen, sodass keine vernünftige Lösung zustande kommt.
Das Problem mit Griechenland wird doch einfach immer weiter hinausgeschoben. Keine Regierung kann es sich national leisten, den Griechen Unmengen an Euros zuzuschieben oder das Risiko einzugehen, das Land aus der Währungsunion zu werfen und dann am Ende noch mehr Kosten auffangen zu müssen.
Macht spielt eine wichtige Rolle in der Politik. Wie verändert Macht die Politiker?
Oh ja. Genau das liebe ich so sehr an mir selbst! Macht ist eine wunderbare Nebenwirkung von mir. Ich liebe es, zu sehen, wie sich Machtkonstellationen in einem Land, in einem Parlament, verschieben. Deshalb mag ich Wahlen auch so gerne, weil es dann im Vorfeld immer ein richtiges Balzverhalten von allen Seiten um mich gibt. Dann rücke ich wieder in den Mittelpunkt! Ich mag Macht einfach sehr. Wir ziehen auch unheimlich gerne gemeinsam durch die Parlamente.
Dann ist Macht für DICH schon fast wie eine Droge? DU bist abhängig von ihr. Und je süchtiger DEINE Politiker werden, desto größer ist die Gefahr, dass sie ihr Gehirn ausschalten?
Sucht? Das ist so ein hartes Wort! Ich würde es eher als ein Liebesspiel bezeichnen. Macht und Politik. Oder besser: Politik und Macht. Das ist doch eine schöne Kombination. Und soll ich was verraten? In jedem Politiker steckt ein wenig Machtgeilheit. Warum sonst sollte man sich diesen Stress mit mir antun. Warum sollte man sich für seine Bürger und sein Land aufopfern, wenn man dafür sowieso nie gewürdigt oder gar geliebt wird. In meinen Augen ist es alleine der Drang nach Macht, um etwas zu bewegen und zu verändern.
Damit bleibe ich erst recht bei meinem Gedanken, dass Macht süchtig macht und einige Politiker vollkommen vernebelt. Oder warum kannst DU die Kriege dieser Welt nicht friedlich lösen? Dafür bist DU doch schließlich da!
Ehrlich gesagt, bin ich schon froh, dass ich mich in einigen westlichen Ländern richtig diplomatisch durchsetzen konnte in den vergangenen Jahrzehnten. Es ist ja gerade einmal 70 Jahre her, dass ich in Deutschland derartig missbraucht wurde, dass ich mich schon fast selbst aufgeben wollte. Auch damals habe ich es geschafft, mich an den eigenen Haaren aus dem braunen Sumpf zu ziehen – auch wenn es erst unzählige unschuldige Opfer geben musste. Deshalb gebe ich die Hoffnung auch für andere Länder, die unter Diktatoren leiden nie auf.
Wie könnte man diese Erfahrung mit den Nationalsozialisten denn nutzen, um die heutigen Kriege politisch friedlich zu lösen?
Das ist wirklich eine sehr populistische Frage! Das klingt ja so, als wäre ich verantwortlich für die kriegerischen Handlungen dieser Welt. Das ist völliger Quatsch. Ich wurde erfunden, um eben solche Dinge zu vermeiden. Ich wurde erfunden, um eine gesellschaftliche Ordnung zu schaffen, die ohne Angst und Schrecken auskommt. Wie sehr mich dann einige diktatorische Idioten missbrauchen und für ihre Machenschaften ausnutzen, liegt doch nicht mehr in meiner Hand!
Liebe Politik, vielen Dank für dieses fiktive Interview und ein ereignisreiches Jahr 2013!
(Interview: Konrad Welzel)