Menschen

Essen wie bei Mama

Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahrhunderten hat sich im 20. und 21. Jahrhundert das Essverhalten jeder Generation stark verändert. Von “gerade mal so viel, dass es zum Leben reicht”, über die geringe Auswahl in der DDR bis hin zu den riesigen Kaufhallen heutzutage.


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In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Essverhalten über die Generationen hinweg enorm verändert. Was haben uns unsere Eltern und Großeltern an Esskultur mitgegeben und wie essen die Menschen heute? Wie haben sich PETA-Werbung, EHEC-Epidemie und all die Zeitungsartikel und Fernsehsendungen, die uns vor Konservierungs- und Farbstoffen warnen, darauf ausgewirkt, was wir jeden Tag in unsere Einkaufskörbe legen?

Nach den Weltkriegen
In der Nachkriegszeit gab es Fleisch nur am Anfang des Monats, wenn noch genügend Geld zur Verfügung war, Schokolade nur zu Weihnachten, Geburtstagen und, wenn ein Verwandter zu Besuch kam, der Leckereien mitbrachte. Nach zwei Weltkriegen schlugen sich die meisten Menschen eher durch, als dass sie im Luxus schwammen. Die Leute lernten damals, sich mit ihrer Situation zu arrangieren und zu improvisieren.

Auch heute essen wir noch Gerichte, die aus genau diesen Notlagen hinaus entstanden sind, was vielen aber nicht mehr bewusst ist. Auch Steckrüben, Pastinaken etc. – seit den Kriegsjahren eher mit einem negativen Bild behaftet, werden heute wiederentdeckt und von Köchen aus aller Welt verwendet.

Und trotz aller Schwierigkeiten hatten die Menschen immer noch einen gewissen Stolz. Jonathan Safran Foer beschreibt in seinem Buch “Tiere essen”, wie seine jüdische Großmutter sich gerade so auf der Flucht vor den Nazis ernähren konnte, aber sich weigerte, Schweinefleisch zu essen. Als er sie nach ihren Gründen dafür fragte, antwortete sie, dass es gegen ihre Religion wäre und “Wenn nichts mehr wichtig ist, ist nichts mehr da um es zu beschützen.” (If nothing matters, there’s nothing to save.)

Die Generation unserer Eltern
Anders als vielleicht in der jüngsten Generation, haben unsere Eltern die Esskultur ihrer Eltern fast komplett übernommen. Hausmannskost und Gerichte aus der “alten Heimat” bei Einwanderern, nahmen den Großteil der täglichen Kost ein.Besonders merkt man das an unseren Vätern. Wer kennt das nicht, wenn vor allem die Männer auf dem Land in den kleinen Dörfern, sich mit dem Spruch unbeliebt machen: Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. Am liebsten soll die eigene Frau das kochen, was auch die Mutter ihrem kleinen Jungen schon gekocht hatte.

Auch, wenn es meist immer wieder heißt: Also die Mama, die konnte das irgendwie besser. Und da soll Frau nicht böse auf die Schwiegermutter sein, die den Sohnemann vielleicht ein wenig zu sehr verhätschelt hat. Wenn man an das Essen in der DDR zurückdenkt, fallen einem meist halbleere Regale kurz vor Ladenschluss ein, die Notwendigkeit, sich mit dem Schlangestehen anzufreunden und ein immenser Mangel an Bananen.

Und heute?
Ganz im Gegensatz zur jüngsten Generation, denn den Kindern des 21. Jahrhunderts stehen alle Möglichkeiten offen. Wenn man Hunger hat, reicht ein Griff in die Tiefkühltruhe oder zum Telefon. Egal ob Mexikanisch, Italienisch, Englisch, Indisch oder Japanisch. Essen aus jedem Land ist nur ein Ortsgespräch oder einen kurzen Spaziergang weit entfernt. Egal ob laktose-intolerant, gluten-allergisch, Vegetarier, Veganer oder nur Bio-Esser. Für jeden gibt es spezielle Produkte, die man nicht nur in einzelnen Reformhäusern findet, sondern in fast jedem Supermarkt. Aber bei all der Hektik im Alltag greifen viele trotzdem auf Fertigprodukte zurück anstatt selbst zu kochen.

Schon der große Unterschiede zwischen jenen, die extrem darauf achten, was genau sie essen, wie es hergestellt und verarbeitet wurde und denjenigen, die essen was am Einfachsten zu machen und am Billigsten ist, lässt darauf schließen, dass auch jetzt unsere Entwicklung der Esskultur und Einstellung zum Essen noch keineswegs abgeschlossen oder endgültig ist. Aber auch, wenn unser Essverhalten sich mit der Zeit stark verändert hat, ist ein gemeinsames Essen immer noch dafür gut, als Familie oder unter Freunden zusammen zu kommen, Zeit zu verbringen und gemütlich zu reden. Das wird sich sicher nicht so schnell ändern.

(Text: Franziska Mayer / Foto: DANA Radloff by jugendfotos.de)

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