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Eiche-Rustikal: nicht nur im Wohnzimmer Schnee von gestern

Dem Hang zur dauerhaften Selbstdarstellung frönen Milliarden Menschen ja bereits via Facebook. Doch mit dem Tod soll alles vorbei sein? Als Exzentriker der besonderen Art einfach als Kiefernholz-Kiste mit Krepppapierausstattung von der Welt Abschied nehmen? Oh nein!
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Nicht jeder besitzt eine Versicherung, die im Sterbefall die anfallenden Kosten, die nicht selten mehrere tausend Euro erreichen, abdecken. Die Frage „Wer zahlt?“ führt unter den Verbliebenen oftmals zu Streitereien. Kein Wunder, denn Holzsärge der günstigsten Variante liegen im Schnitt bei 500 Euro. Hinzu kommen die Grabkosten, Grabstein, Beerdigungszeremonie, Blumen, Todesanzeige etc. Summa summarum kommen dabei schnell mal 6.000 bis 8.000 Euro zusammen. Da war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis der Preiskampf auch in der Bestattungsbranche ankommt.

Neue Formen der BestattungenBeerdigung als Kontostand-Killer
Bereits seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit für die Einäscherung einen preiswerten Pappsarg zu wählen. Was zu Anfang noch sehr verpönt und als respektlos angesehen wurde, hat sich mittlerweile zu einem gewinnbringenden Geschäft entwickelt. Aus den einst öden und tatsächlich eher an eine triste Pappschachtel erinnernden Särgen sind ausdrucksstarke und die individuelle Persönlichkeit des Verstorbenen unterstreichende Wegbegleiter geworden.

Ob im Apple-IPhone-Design oder makaber mit der Aufschrift „Rest in Peas“ auf einem mit Erbsenaufdruck übersätem Sarg – es scheint keine (Geschmacks-)Grenzen zu geben. Und da es das Geschäft so gut läuft, sind solche schicken Stücke mittlerweile auch immer öfter ähnlich teuer wie ein Holzsarg.

Das Geschäft mit dem Tod 
Auch in China geben die Menschen Unmengen an Geld für Papiersärge aus, allerdings noch mehr für Mitgaben aus Papier. Dort werden dem Toten bei seiner Verbrennung verschiedene Modelle aus Papier mitgegeben, da die Hinterbliebenen glauben, dass der Verstorbene die mit ihm verbrannten Dinge im Jenseits erhält. Daher werden Autos, Telefone und sogar Flugzeuge in mühevoller Handarbeit hergestellt – nur um in wenigen Minuten wieder zerstört zu werden.

Aber auch das Gegenteil lässt sich schnell finden – Billigbestattungen all inclusive für 500 Euro. Ob da noch alles mit rechten Dingen zugeht? Es finden sich in diesem Umfeld immer wieder Berichte von verschwundenem Schmuck oder Goldzähnen der Toten und anderen unschönen Szenen wie beispielsweise unbekleideten Verstorbenen – für deren Bekleidung und Herrichtung aber gezahlt wurde.

Voll öko oder echt pompös
Einfach nur bei einem Einäscherungssarg blieb es natürlich nicht. Wo Geld zu holen ist, sind stets kreative Köpfe am Werk. Nachdem man sich etwa im Cellulosesarg ins Krematorium hat fahren lassen, kann man die verbleibende Asche in einer biologisch abbaubare Maisstärke-Urne six feed under befördern. Wer nicht eingeäschert werden will, für den ist Pappe allerdings keine Alternative, denn für Erdbestattungen sind in Deutschland generell Holzsärge vorgeschrieben. Wem das nicht gefällt, der kann eine Sondergenehmigung beantragen und in einem aus Weiden oder Bambus geflochtenen Sarg die letzte Reise antreten.

Es gibt aber noch ganz andere Möglichkeiten, seinem Abgang ein besonderes Ende zu verleihen. So können aus der Asche des Toten heutzutage Diamanten oder sogar Feuerwerkskörper gefertigt werden. Beides stellt man sich erstmal witzig vor, aber will man tatsächlich Oma oder Opa am Finger tragen? Oder sie wortwörtlich in die Luft jagen, auf dass ihre Asche dann auf einen nieder rieselt?

Auch Waldi und Co. sind nicht sicher
Nicht nur unsereins kann sich in Recyclingware unter die Erde befördern lassen – gleich neben Fantasy-Spielkarten, Goth-Kitsch und allerhand anderem, teilweise geschmacklosem Klimbim, kann man auf Ebay mittlerweile sogar Haustiersärge ersteigern. Wenn man sich so etwas anschaffen will, dann sollte man seinen treuen Gefährten lieber auf dem eigenen Grundstück beisetzen und nicht im Wald. Denn die Bestattung von Haustieren ist nur auf privatem Besitz zulässig und auch nur, wenn man nicht in einem Gebiet der Trinkwasserversorgung lebt.

Ob nun mit einem Knall oder im klassisch-edlen Eichensarg der gehobenen Klasse: Wir alle sterben jeden Tag ein bisschen. Das Leben ist nicht einfach so vorbei. Und so wie die Lebensweisen immer individueller werden, steigt zukünftig auch das Bedürfnis nach alternativen Bestattungsarten. Seien wir gespannt, was bis dahin noch alles erfunden wird.

(Text: Julia-Friederike Barbier / Foto: nora afhueppe by jugendfotos.de)

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