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Die BILD und ihre Promis

Die BILD vermarktet Politiker, Schauspieler und andere Prominente. Einst waren Guttenberg und Wulff ihre Lieblinge. Aber diejenigen, die sie fallen lässt, können sich nur schwer der Brandmarkung ihrer Berichterstattung entziehen. Über die Macht der BILD-Zeitung, Prominenten Ruhm zu verleihen – und ihn wieder zu nehmen.


Das Prinzip BILD wird mittlerweile jeder kennen – egal, ob er Zeitungen ließt – oder eben nur BILD: “Wer mit ihr im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten”. So hat es der Vorstandsvorsitzende der BILD, Mathias Döpfner 2006 beschrieben – und nach diesem Prinzip geht die Zeitung mit Prominenten um – egal, ob diese der Kategorie A, B, C oder D-Promi angehören.

Und sowohl der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff bekamen das zu spüren: Für Guttenberg ging es nochmal glimpflich aus – über ihn wurde auch nach seinem Thronsturz und nach der Flucht in die USA weiter positiv berichtet. Wulff bekam hingegen die volle Wucht des niederstürzenden Aufzugs zu spüren: Er fiel ins Nichts und erschien am Ende der BILD-Kampagne nur noch als Schatten seiner Selbst – seine Frau Bettina Wulff war vielleicht das schützende Schild, das Wulff vor Schlimmerem bewahrte.

Halbe Sachen macht die BILD auf jeden Fall nicht: Dieser Aufzug kennt nur zwei Stockwerke: Penthouse, 10. Stock und Keller, Erdgeschoss. 1977 war Günther Wallraff undercover verkleidet als Redakteur Hans Esser in der Redaktion unterwegs und sein Fazit war vernichtend: Hier wird kein Journalismus gemacht, sondern Menschenhetze betrieben. Damals waren Sexismus und Rassismus noch an der Tagesordnung. Doch auch die BILD hat sich verändert und auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert.

eier01klHeute ist das Boulevardblatt, wenn man dem Gründer des BILD-Blog, Stefan Niggemeier, glaubt, weniger ideologisch, dafür vielmehr kalkulierend, welchen Promi man hochschreibt und welchen nicht: “Haben wir etwas davon, wenn wir mit ihm oder ihr den Aufzug hochfahren?!” sei heute die entscheidende Frage.
Vor allem provozieren wolle man, so Kai Diekmann, Chefredakteur der Boulevardzeitung – Recht hat er, wenn sein Blick auf sein eigenes Werk nicht schon zu verblendet wäre: Denn die Grenzen zwischen Provokation und Rufmord sind oftmals fließend – objektive Berichterstattung sieht anders aus. Bei der BILD gibt es so etwas wie die Unschuldsvermutung für vermeintliche Straftäter nicht: Hier werden ALLE Gesichter gezeigt – wer Pech hat, muss sich einen neuen Wohnort suchen.

Allerdings sollten Promis – oder solche, die es mit Hilfe der BILD-Zeitung noch werden wollen – sich auch klar darüber sein, dass sie da eine Beziehung eingehen, die auf einem ständigen Geben und Nehmen basiert. Dann kann es einem wie Christian Wulff gehen, der sich darüber beschwerte, dass die BILD Informationen verarbeitete, die er so niemals hergegeben hätte. So kamen die Vertuschungen rund um seinen Hauskredit an die Öffentlichkeit. Wulff hatte nicht mit der Unabhängigkeit gerechnet, die die BILD weiterhin für sich beansprucht. Denn trotz aller Recherchelücken fällt die BILD auch heute noch mit erstaunlichen Enthüllungen auf – die Kundus-Affäre, aber auch die Recherchen rund um Wulff wurden sicher auch in den Redaktionen seriöserer Tageszeitungen bestaunt.

Die Macht der BILD hat in den letzten Jahren nicht zugenommen. Aber in Zeiten, in denen die mediale Inszenierung in der Politik und für ihre Akteure immer wichtiger wird, wird auch die BILD weiter mitmischen – der Aufzug wird weiter gewartet: Angela Merkel wurde im Wahlkampf 2005 in der Bildberichterstattung positiv dargestellt, wurde hochgeschrieben – und ist heute Bundeskanzlerin. Sie ist nur ein Beispiel für eine Laufbahn, die von dem Wohlwollen der BILD-Zeitung vielleicht profitiert hat.

(Text: Nina Nickoll, Foto: Tobias Mittmann/jugendfotos.de)

Studien rund um die BILD und ihr Erfolgsprinzip werden hier beschrieben.

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