Handball

Die Achterbahn macht erst mal Pause

Während viele Handballer das neue Jahr beim fast schon traditionellen „Big Apple” Turnier in New York City begrüßen, ist der Rest auf dem Weg zur jeweiligen Nationalmannschaft oder in den wohlverdienten Urlaub. In der Bundesliga ist Europameisterschaftspause und das runde Leder fliegt erst ab dem 7. Februar wieder. Zeit für einen ersten Zwischenbericht.


Die Saison startete mit einem überragenden THW Kiel, der schon im ersten Spiel im Nordderby gegen die SG Flensburg – Handewitt mit einem 35:21 seine wiedergefundene Stärke demonstrierte. Überraschend stark auch der hohe Sieg der HBW Balingen-Weilstetten – oder die überraschend schwache Leistung des VFL Gummersbach beim 36:28 Saisonstart. Der amtierende Meister aus Hamburg hingegen musste schon sehr früh zwei schmerzliche Niederlagen hinnehmen.

Startschwierigkeiten beim HSV
Zugegeben, es ist keine Schande in Mannheim oder Berlin zu verlieren, doch was die Hanseaten speziell gegen die wie immer stark schwankenden Rhein Neckar Löwen spielten, schockte  nicht nur die heimischen Fans. Der HSV wirkte unsicher und Neu-Trainer Per Carlén konnte den hamburgischen Ansprüchen nur schwer gerecht werden. Selbst gegen vermeintlich einfache Gegner taten sich die Hanseaten plötzlich schwer.

Nach dem überzeugenden Sieg gegen den HSV konnten sich die Rhein Neckar Löwen Fans wiederum wohl nur verwundert die Augen reiben, als ihre Mannschaft ausgerechnet in Hannover beide Punkte liegen ließ. Gleichzeitig mauserten sich die Füchse Berlin zum neuen THW-Verfolger und begeisterten die Hauptstadt mit attraktivem Tempohandball, einem sicheren Rückhalt im Tor und gleich zwei Neuentdeckungen auf Außen mit Markus Richwien und Jungfuchs Colja Löffler. Dass sie dann ausgerechnet in der Hölle Süd unglücklich zwei Punkte verschenkten, fiel aufgrund der desolaten Leistungen der beiden direkten Verfolger aus Hamburg und Mannheim gar nicht weiter auf.

Auch stark und mit viel Spielwitz in dieser Saison präsentiert sich das Team von der Förde. Nach der Verstärkung durch Lars Kaufmann und Holger Glandorf und trotz der knallharten Ohrfeige des landesinternen Konkurrenten THW Kiel im ersten Saisonspiel, schaffte es Trainer Lubomir Vranjes im Laufe der Saison, eine spielstarke und vor allem teamfähige SG Flensburg-Handewitt zu präsentieren. Der zweite große Stolperstein für das Team um Kapitän Thomas Mogensen kam dann allerdings beim angeschlagenen Meister aus Hamburg. Nach 60 Minuten stand es dort in der O2 World 27:19 und die Hanseaten hatten dank eines überragenden Johannes Bitter scheinbar zu alter Stärke wiedergefunden.

Überraschungen im Mittelfeld
Auch im Mittelfeld gab es einige Überraschungen. So schlug der Bergische HC beispielsweise das Traditionsteam aus Magdeburg mit einem überzeugenden 40:31 in eigener Halle und auch der VFL Gummersbach präsentierte beim 40:25 Erfolg beim TuS N-Lübbecke mit unerwartete Stärke. Der HBW Balingen-Weilstetten hat mit Platz 11 der Tabelle mittlerweile einen doch recht sicheren Abstand zu den Abstiegsplätzen.

Heimlich still und leise steuerten die Zebras aus Kiel derweil auf einen neuen Startrekord in der Bundesliga hin – auch wenn das ein oder andere Spiel, wie zum Beispiel in Berlin, denkbar knapp entschieden wurde. Schließlich fieberte traditionell die gesamte Liga dem Duell der Nordlichter entgegen. Viele Experten gingen davon aus, dass sich der HSV wieder gefangen hatte und dem THW beim Hinrundenspiel in der Sparkassen Arena doch wieder gefährlich werden könnte. Lange Zeit ließen die Hanseaten ihren Fans auch diese Hoffnung.

Unruhe beim Meister?
Dass es dann am Ende ausgerechnet unter anderem die vier verschossenen Siebenmeter des sonst so sicheren Siebenmeterschützens Hans Lindberg sein würden, die dem THW einen doch recht deutlichen 30:25 Sieg bescherten, ahnte während der hart umkämpften Partie wohl keiner. Und zum ersten Mal wurden Details bekannt, die auf eine innere Unruhe beim amtierenden Meister schließen ließen: Carlén hätte ihm gesagt, er solle weiter werfen hieß es von Lindbergs Seite; der Spieler hätte von sich aus weiter werfen wollen wurde Carlén zitiert – ein erster Bruch im Meisterbild? Und weitere Niederlagen folgten. Nach dem desolaten Auftritt gegen Gummersbach konnte sich die TuS N-Lübbecke unter Trainer Markus Baur in eigener Halle jeweils zwei Punkte gegen die Rhein Neckar Löwen und den HSV sichern.

Am Ende war es ausgerechnet der so instabile VFL Gummersbach, der den großen THW Kiel an den Rande einer Niederlage brachte; doch die blau-weißen verwehrten sich selbst das verspätete Weihnachtsgeschenk und nach 60 Minuten holte sich der THW mit dem 25:28 Erfolg in der Kölner Lanxess Arena den noch nie dagewesenen Hinrundenrekord: mit 18 Siege in 18 Spielen gehen die Zebras mit 36:0 Punkten in die Rückrunde. Erster Verfolger bleiben die Füchse mit 31:5 Punkten. Erst dahinter stehen der HSV und die SG Flensburg Handewitt – punktgleich – im Kampf um die Champions League Plätze, bei denen auch die Rhein Neckar Löwen auf Rang fünf sich durchaus noch Chancen ausrechnen dürfen.

HSV entlässt Trainer – der THW dominiert
Der große Paukenschlag aber kam kurz vor Jahresende per Pressemitteilung des HSV Handball: „Der HSV Handball trennt sich mit sofortiger Wirkung von Trainer Per Carlén”, hieß es auf der Vereinshomepage und der dazugehörigen Facebook Seite am 29.12. Binnen kürzester Zeit hatte diese Nachricht alleine über 200 Kommentare auf Facebook und sofort begannen auch die Spekulationen über eine mögliche Nachfolge.

Da ist von einer Reaktivierung des mittlerweile zum Präsidenten aufgestiegenen Martin Schwalb die Rede oder einer Verpflichtung von Weltmeister Markus Baur. Sogar Talant Duschebajew und Ola Lindgren werden als mögliche Nachfolger gehandelt. Der Verein hält sich derweil bedeckt, „man werde die spielfreie Zeit nutzen um eine Lösung zu finden”, heißt es von offizieller Stelle – mehr wird nicht bekannt.

Bleibt abzuwarten, ob ein neuer Trainer der Mannschaft wieder Sicherheit geben kann und wie viel Zeit er dafür benötigt. Und es wird spannend zu beobachten, wie lange der THW die Liga noch weiter dominieren kann. Auch die beste Mannschaft kann schließlich mal einen schlechten Tag erwischen. Und dann wären da ja auch noch die Champions League Plätze zu vergeben. Sicher ist, die Fans können sich auf eine spannende Rückrunde freuen. Die Highlights des Handballjahres kommen dann allesamt im Mai 2012: das DHB Pokalfinale, das Champions League Final Four in Köln und schließlich auch noch das Rückspiel der ewigen Rivalen: HSV Handball gegen THW Kiel. Lange macht die Handball-Achterbahn also nicht mehr Pause.

(Text: Carolin Schmitt)

Carolin S.

Ich habe 2009 angefangen für back view zu schreiben, damals vor allem im Bereich *Sport*. Mittlerweile schreibe ich auch über andere Themen und versuche mein Studium der Anglistik und Amerikanistik auch ab und zu mit meinen Artikeln zu verknüpfen.

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