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Das Geschäft mit dem Krieg

Im Sommer 2010 wurde es öffentlich – Blackwater, das größte US-Sicherheitsunternehmen, hat Strohfirmen errichtet, um weiter im Irak operieren zu können. Nachdem die Söldnertruppe zuvor zahlreiche negative Schlagzeilen produzierte und einige Ermittlungen am Hals hatte, soll sie unter falschem Namen Aufträge an Land gezogen haben. Wie konnte ein Projekt mit einer angeblich solch goldenen Zukunft überhaupt derart versagen?


Es war der 10. September 2001 als US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Zuge einer eigens einberufenen Vollversammlung im Pentagon vor die Mikrofone trat. Es ging um einen Feind, einen Feind im Innersten der USA. Objekt der Rede war die Pentagon-Bürokratie, welche Rumsfeld anklagte. Angeblich würde die zentrale Leitung die innere Sicherheit unterminieren. Zudem sei das Militär ohnehin zu teuer und zu ineffizient.Umwälzung und Outsourcing standen also auf der Agenda des Verteidigungsministers. Nur die amerikanische Verfassung hatte etwas gegen diese Pläne. Die nationale Sicherheit ist nämlich Aufgabe des Staates – ausdrücklich. Als einen Tag später dann entführte Flugzeuge ins World Trade Center und das Pentagon flogen, war der neue Feind schnell gefunden, bzw. war die Legitimationsgrundlage vorhanden. Der Dämon saß irgendwo zwischen Afghanistan, Irak und Pakistan. Die innere Sicherheit erhielt eine neue Qualität, damit stieg auch der Stern Blackwaters gen Himmel. Rumsfelds gepredigter freier Markt im Militärwesen konnte doch umgesetzt werden.

Irak-Krieg als Durchbruch
Blackwater wurde 1997 als relativ überschaubares Sicherheitsunternehmen von Erik Prince und Al Clark gegründet. Prince, der eng verwoben mit Militär, Kirche und Regierung ist, führte das Unternehmen in der Folgezeit zu großem Erfolg. Mit dem Irak-Krieg von 2003 kam der endgültige Durchbruch. Die Söldner übernahmen den Personenschutz und waren darüber hinaus jedoch auch an Kampfhandlungen beteiligt.In der irakischen Stadt Falludscha offenbarte sich aber schnell die hässliche Fratze der Söldnertruppe. Auf der einen Seite der Medaille prangen Effizienz und Kosteneinsparung. Brutales Vorgehen, Racheakte und stumpfe Brutalisierung bilden die Kehrseite der Medaille. In Falludscha sollen damals Hunderte Iraker in einem Rachefeldzug umgebracht worden sein. Kämpfer von Blackwater rächten den vorherigen Tod von vier US-Soldaten mit einer Belagerung und Patronensalven.
Zahlreiche tote Zivilisten, eine abgesperrte 350.000-Einwohner-Stadt und eine unkontrollierbare Lage. Das war das Resümee des Einsatzes in Falludscha.

Unkontrolliert und mit freier Hand

Hier zeigt sich schnell die Krux der Privatarmeen. Letztendlich agieren sie in einem weitestgehend rechtsfreien Raum. Sie unterstehen nicht der Kontrolle des Militärs und haben nicht dieselben Regeln wie ursprüngliche US-Soldaten zu beachten. Die Privatfirmen genießen eine gewisse Immunität gegenüber dem irakischen Gericht. Doch auch die USA ließen ihren Söldnern freie Hand.
Nach der schlechten Presse als Reaktion auf das Falludscha-Fiasko versuchte sich Blackwater in einigen Imagekampagnen. Auch Namensänderungen sollten die Reputation aufpolieren. Blackwater Worldwide wurde schlussendlich zu Xe Services, worunter das Unternehmen heute noch firmiert.

Wer profitiert von der Privatisierung?

Doch wer profitiert von den Söldnerarmeen und dem Outsourcing des Militärs überhaupt? Die Privatisierung wird meist flankiert von immenser Gewinnakkumulation auf einer Seite. Blackwater stieg schnell von einem relativ kleinen Unternehmen zu einem Kraken-ähnlichen Gebilde mit zahlreichen Unterabteilungen. Circa 50.000 Söldner, ein 2.830 Hektar großes Trainingsgelände und tausende schwerer Waffen zählen zum Arsenal der Sicherheitsfirma. Mit Hubschraubern, Panzern und einem Gros an Manneskraft könnte Blackwater einige Regierungen auf der Welt in Bedrängnis bringen. Auch im Inland bei Katastrophenfällen und zur Pipeline-Sicherung in Kasachstan und Aserbaidschan sind Mitarbeiter im Einsatz.

Ausschreibungen für die Staatsaufträge gab es meist nicht einmal. Summen in Höhe von Hunderten Millionen Dollar flossen während des Irak-Krieges und über diesen hinaus an die Firma. Gründer Prince spendete im Gegenzug fein an die konservative Partei. Prince saß mit Cheflobbyist Paul Behrends zudem gemeinsam im Vorstand einer evangelikalen Missionierungsgruppe, dem Christian Freedom International.

Gewinner in Politik und Wirtschaft
Einige Politiker – wie Joseph Schmitz, der einstige Generalinspekteur des Pentagon – unterstützten Blackwater radikal und erhielten zur Belohnung nach ihrer politischen Laufbahn einen Platz im Sicherheitsunternehmen, das sich kurz zuvor mit ihrer Hilfe ordentlich bereichert hatte.
Diese Form der Bereicherung am Kriegsgeschäft hat Blackwater jedoch nicht exklusiv. Auch das Öl-Unternehmen Halliburton erhielt hochdotierte Aufträge von der US-Regierung. Auch hier wussten sich ranghohe Politiker mit diesen Aufträgen zu bereichern. So saß Vizepräsident Dick Cheney bei Halliburton im Sattel. Rumsfeld hielt Aktienanteile an Lockheed und Boeing, ebenfalls Unternehmen, die der Irakkrieg groß rausbrachte.

Das Geschäft mit dem Krieg ist überaus lukrativ. Politiker wie auch Söldner wandelten das menschliche Leid in bares Geld um. Die Privatisierung des Krieges hat im Endeffekt vor allem der Wirtschaft und einigen Politikern geholfen. Das Outsourcing kristallisierte sich insgesamt als Clou für erlesene Politiker und den freien Markt heraus. Bis 2005 soll die US-Regierung mit 77 Auftragsfirmen Verträge in Höhe von etwa 42 Milliarden Dollar beschlossen haben.
Wie wenig gewissenhaft und dafür umso skrupelloser die Söldnerarmeen geführt werden, zeigt ein aktuelles Beispiel. Prince, Chef bei Blackwater, soll seinem überzeugten nicht-demokratischen Kumpel, den Diktator von Abu Dhabi militärisch beiseite stehen. Eine überaus unmoralische Mission, wenn man bedenkt, dass eben jener Price und sein Blackwater-Unternehmen einst im Irak einen angeblichen Krieg für die Demokratie unterstützen.

Wer Interesse an dem Thema gefunden hat – ein Buchhinweis: „Blackwater” von Jeremy Scahill

(Text: Jerome Kirschbaum)

Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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