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Auswandern nach Paraguay

Jährlich wandern über 100.000 Deutsche aus und kehren ihrem Heimatland den Rücken. Zum einen ist es die Abenteuerlust, zum anderen die Unsicherheit im Land. Dazu kommt die Angst vor Altersarmut, die enorme Bürokratie, die Steuerlast oder die immer fataleren politischen Entscheidungen gegen das eigene Volk. Die Gründe sind so mannigfaltig wie die Menschen selbst.[divide]

Herr Werner P.* (61) aus Dresden wagte diesen Schritt vor acht Jahren und lebt seitdem mit seiner Frau im Department Cordillera in Paraguay. Im Interview schildert er seine Gründe für die Auswanderung und berichtet über das neue Leben am anderen Ende der Welt.

Bevor ich meine Fragen stelle, haben Sie mich um ein Vorwort gebeten, welches ich Ihnen gerne überlasse.
Aus Sicht der westlichen Industriestaaten ist Paraguay eines der ärmsten Entwicklungsländer der Welt. Wir sollten wissen, dass für die Bewertung eines Landes das Bruttosozialprodukt herangezogen wird, welches als wesentlicher Indikator für das Steuereinkommen dient.
Im Gegensatz zu Deutschland und den meisten anderen Ländern der Welt, verzichtet Paraguay jedoch auf jegliche Steuern, außer einer allumfassenden 10%igen Mehrwertsteuer. Das Land besitzt zwei der größten Wasserkraftwerke der Welt, deren Stromverkauf an Brasilien und Argentinien die Staatseinnahmen sichern.
Insofern ist es zwar im internationalen Maßstab durchaus korrekt, Paraguay als Dritte-Welt-Land zu bezeichnen, jedoch bezeichnet es nicht die Lebensumstände.
Paraguay hat seit Jahren eine der höchsten Wirtschafts-Wachstumsraten der Welt. Das Land besitzt die niedrigste Kriminalität Lateinamerikas, und die Bevölkerung ist seit Jahren (nach Gallup-Report) die zufriedenste der Welt.

Paraguay Interview

Danke für diese einleitenden Worte. Stellen Sie sich bitte kurz vor und schildern Sie Ihre Beweggründe, die Sie dazu veranlasst haben, auszuwandern. Waren es Fernweh, Neugier oder Tatendrang, der Sie in die Welt hinaus getrieben hat?
Es gibt immer mehrere Gründe, sein Heimatland zu verlassen. In Deutschland wurde es über die Jahre für meine Frau und mich immer schwieriger, am Monatsende ausreichend Geld zur Verfügung zu haben, um unseren Lebensstandard wie gewohnt aufrecht erhalten zu können. Damals war meine Frau selbstständig, und ich praktizierender Arzt.
Auslöser für die Überlegungen, Deutschland zu verlassen, waren die immer größer werdenden Hürden und überbordende Bürokratie. Das sorgte dafür, dass die Verwaltungstätigkeiten stets umfangreicher wurden, wodurch weniger Zeit für die eigentliche Arbeit, beziehungsweise die Hilfe für andere Menschen übrig blieb.
Es war schon damals abzusehen, dass es eigentlich nur schlimmer werden konnte und eine Besserung der Situation nicht in Sicht war. Auch viele Freunde und Bekannte, die selbständig waren, verloren ihre kleinen Unternehmen wegen extremer Bürokratie. Die sich teilweise widersprechenden Vorschriften sorgten dafür, dass man seine Arbeit gar nicht mehr gesetzestreu erledigen konnte.
Meine Frau und ich empfanden Deutschland mehr und mehr als Land, in dem Kleinunternehmen und Freiberufler kaum Chancen hatten. Es war nicht mehr das Land, in dem man „gut und gerne leben konnte“.

Unter Paraguay können sich die meisten Deutschen nur wenig vorstellen. Doch das Land ohne Meer und Küsten, mit Ruinenstädten, die zum Weltkulturerbe gehören, dem Regenwald und einem der größten Wasserkraftwerke, ist durchaus einen Blick wert. Es gibt 300 Tage Sonne pro Jahr, eine Trockenzeit und subtropisches Klima. Das Land zählt mit seiner immergrünen Vegetation, den vier Naturparks und zahlreichen weiteren Naturschutzgebieten zu den artenreichsten Regionen der Welt. Für uns Deutsche ist das aber eine völlig andere Welt. Warum war es bei Ihnen ausgerechnet dieses Land?
Im Nachhinein war es zumindest teilweise Zufall, dass wir in Paraguay gelandet sind. Wir sahen seinerzeit eine Auswanderer-Fernsehsendung, in der ein etwas seltsames Paar nach Paraguay auswanderte. Die Leute waren aus unserer Sicht unglaublich naiv, wie sie an die Auswanderung herangingen. Aber die Bilder, die von Paraguay gezeigt wurden, faszinierten uns.
Wir hatten damals noch andere Länder auf dem Schirm, die aber aus verschiedensten Gründen nicht in Frage kamen. Einzig die Türkei hätte noch gepasst, aber es stand bereits damals die Frage im Raum, ob es eine politische Neuorientierung in Richtung Islam geben würde. Das war für uns ein No-Go.
Also flogen wir nach Paraguay, um uns das Land für einige Wochen anzuschauen. Schon nach der Hälfte der Urlaubszeit war uns klar: Das ist unser Land.

Bitte schildern Sie kurz Ihre finanzielle Situation. Wie war der Zustand in Deutschland, inclusive Ihrer Zukunftsaussichten, und womit verdienen Sie heute Ihr Geld?
Wir hatten für deutsche Verhältnisse ein durchschnittliches Einkommen. Allerdings war schon damals abzusehen, dass sowohl meine Frau als auch ich, in Deutschland mit Erreichen des Rentenalters in die Altersarmut fallen würden. Die Aussichten in Deutschland beurteilten wir eher düster. Für uns hätte es trotz 40-jähriger Arbeit bedeutet, dass wir unseren bisherigen Lebensstandard hätten vollkommen aufgeben müssen. Um unseren Lebensabend in Deutschland bestreiten zu können, wären wir mit absoluter Sicherheit auf zusätzliche Sozialleistungen angewiesen gewesen.
Heute verdiene ich mein Geld, wie schon zuvor, als zugelassener Arzt. Das mache ich aus Spaß, obwohl ich es finanziell nicht unbedingt nötig hätte, denn die in Paraguay angelegten Ersparnisse werfen gute Zinsen ab. Man kann durchaus davon leben, wenn man sein Häuschen in Deutschland verkauft, sich in Paraguay ein neues kauft und den Rest anlegt.

Paraguay Interview

 Welche Chancen haben deutsche Auswanderer auf dem dortigen Arbeitsmarkt? Das wäre gerade im Bezug auf die Sprachhürde interessant. Gibt es Schwierigkeiten, wenn man sich selbstständig machen möchte? Generell würde mich interessieren, welche Abschlüsse und Kenntnisse anerkannt und gebraucht werden.
Eine junge Familie kann sich durchaus ein Einkommen sichern. Allerdings ist das nur in einer Selbstständigkeit möglich. Als Angestellter wird man mit Sicherheit viel zu wenig verdienen, um sich auch nur einen halbwegs europäischen Standard leisten zu können. Es gibt Berufe, die durchaus gefragt sind und auch gute Erfolgsaussichten bieten. Allerdings sollte niemand meinen, ohne Geld hier auftauchen zu können. Eine gut geplante Auswanderung kostet viel Geld und man braucht im Land einige Zeit, um sich als Selbständiger am Markt durchzusetzen.
In medizinischen Berufen gibt es so einige gesetzliche Hürden, die man nehmen muss. Eine Apothekenhelferin würde möglicherweise anerkannt werden. Allerdings kenne ich die Bedingungen nicht. Sie sind für jeden medizinischen Beruf unterschiedlich. Für die meisten anderen Berufe gibt es keine Zulassungsbestimmungen. Man meldet sich selbständig und fängt einfach an. Ausnahmslos in allen Berufen, in denen man mit Menschen zu tun hat, sind jedoch fundierte Spanischkenntnisse unumgänglich.

Wie sind die Lebenshaltungskosten in Paraguay? Sie haben es zwar bereits angedeutet, aber ich möchte noch einmal nachhaken. Müssen Auswanderer auf den deutschen Lebensstandard verzichten?
Die Lebenshaltungskosten sind in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen. Allerdings bewegen sie sich noch immer auf einem für europäische Verhältnisse akzeptablen Niveau. Ein Zwei-Personen-Haushalt benötigt, ohne dass man sich persönlich einschränken muss, etwa 1.000 EUR zum Leben. Darin ist alles eingeschlossen – incl. Restaurantbesuche, Kraftstoffe, usw.
Deutsche Auswanderer brauchen gerade in Paraguay nicht auf den gewohnten Lebensstandard zu verzichten. Es gibt so gut wie alles, einschließlich deutscher Produkte, wenn man sie mag. Der Grund sind die vielen Auswanderer, die in den letzten 100 Jahren nach Paraguay gekommen sind. Zur Zeit haben wir etwa 600.000 Deutsche und Deutschstämmige im Land, davon rund 200.000 Neueinwanderer. Aber auch viele Deutschsprachige wie Österreicher, Schweizer, Belgier, Franzosen, Niederländer und Italiener.

Das wäre rund zehn Prozent Deutschstämmiger im Land. Eine gewaltige Zahl und ein Grund mehr, sich das Land genauer anzusehen. Mit durchschnittlich 16 Einwohnern pro km² ist Paraguay recht dünn besiedelt. Von den rund 6,7 Millionen Einwohnern leben im Ballungsraum Asunción fast 2 Millionen Menschen. Können Sie unseren Lesern etwas zur Umweltbelastung in diesem Land sagen?
Paraguay ist bei einigen Produkten Exportweltmeister. Es gibt Regionen, in denen die Landwirtschaft exzessiv betrieben wird. Dort gibt es eine hohe Belastung an Pestiziden. Insgesamt ist die Umweltbelastung trotz einiger Problem-Schwerpunkte wesentlich niedriger als in Deutschland, was der Größe des Landes und der niedrigen Bevölkerungsdichte geschuldet ist. Paraguay hat die sauberste Luft Südamerikas, was jedoch nicht für die Großstädte gilt.

Paraguay Interview

Ich habe gelesen, dass die größeren Binnenseen durch Industrie und Landwirtschaft stark verunreinigt sind, so dass selbst das Baden verboten ist. Können Sie das bestätigen? In diesem Zusammenhang wäre interessant, in welcher Regionen durch übermäßige Umweltbelastung ein Wohnsitz eher nicht zu empfehlen ist.
Der Lago Ypacarai, der im Naherholungsbereich der Hauptstadt Asuncion liegt, ist tot. Das Wasser ist saisonabhängig sogar durch toxische Algen belastet. Insgesamt sind aber die Seen landesweit nicht gerade sauber. Es werden viele Pestizide auf dem Land eingesetzt, was zu einer Grundwasserbelastung führt.
Es ist schwer zu sagen, welche Gebiete man deswegen für einen Wohnsitz meiden sollte. Denn es gibt, wie ich zuvor angemerkt habe, etliche andere Faktoren, die bestimmte Wohngegenden für Europäer unattraktiv machen. Die meisten Neueinwanderer haben sich im Speckgürtel um die Hauptstadt Asuncion niedergelassen, um kürzere Wege in die Stadt zu haben. Cordillera, also der Bezirk, in dem ich lebe, grenzt direkt an den Großraum Asuncion und ist eine der schönsten Regionen des Landes. Die Infrastruktur ist gut und es gibt dort nur Kleinbauern, was die Belastung an Pestiziden minimiert.

Wie sieht es mit der Kriminalität und der Korruption aus?
Schaut man sich die Statistiken an, stellt man fest, dass Paraguay in etwa die doppelte Kriminalitätsrate wie in Deutschland aufweist. Aber auch hier ist es nur einmal die halbe Wahrheit. Es ist bekannt, dass Statistiken keine Gründe benennen. In Paraguay dürfte so ziemlich jeder Bürger mit einer Schusswaffe ausgestattet sein, was Kriminalität gegen Unbekannte (also nicht Ausländer) für die Täter zu einem eher unkalkulierbaren Risiko macht.
Mal abgesehen von Diebstahl und Raubdelikten findet die Kriminalität Paraguays im Wesentlichen innerhalb der Familie statt. Streitigkeiten während eines Fußballspiels im Fernsehen können schon mal mit dem Tod enden.
Kriminalität gegen Ausländer (wieder von Diebstahl und Raub abgesehen) ist die absolute Ausnahme. Und wenn etwas passiert, hat das immer eine Vorgeschichte. Grundlos – wie es in Deutschland tagtäglich geschieht – gibt es hier fast keine Verbrechen.
Und nun zur Korruption. Ja, es gibt sie. Aber insgesamt glaube ich, dass es in Paraguay nicht korrupter als in Deutschland zugeht. Nur die Art der Korruption ist eine andere. Während sie in Deutschland im Dunkel blüht, gibt es in Paraguay eine offene Korruption. Wer korrumpieren möchte, kann das tun, darf sich aber nicht erwischen lassen. Alle anderen lassen es eben bleiben. Es bleibt letztendlich jedem selbst überlassen, ob er für eine schnell erwartete Leistung einen „Bonus“ bezahlen möchte oder nicht. Diese Art der Korruption zieht sich vom kleinsten Beamten bis in die höchsten Regierungskreise. Genau wie in Deutschland auch, nur dass man dort als normaler Bürger selten damit konfrontiert wird.

Die Uhren scheinen in Paraguay langsamer zu ticken. Wie kann ich mir einen normalen Tagesablauf eines Einheimischen vorstellen?
Es ist recht einfach zu sagen, die Uhren gingen in Paraguay anders. Das stimmt teilweise und auch wieder nicht. Man darf das Klima nicht unterschätzen. Das bedeutet, dass man sich auch als Europäer dem Tagesrhythmus der Einheimischen anpassen muss. Das bedeutet morgens um 6 Uhr aufstehen und bis etwa 11 Uhr arbeiten. Danach wird es zumindest für Europäer zu warm dafür. Man kann dann bis 17 Uhr Pause machen, bis die Temperaturen wieder auf ein akzeptables Mass absinken.
Das Leben beginnt wie in den europäischen Mittelmeerländern nach Einbruch der Dunkelheit. Die Paraguayer gehen gegen 22 Uhr essen. Ein paraguayisches Lokal, das vor 18 Uhr öffnet, ist schwer zu finden – außer in der Hauptstadt und den großen Städten.
Was die Uhren „anders“ gehen lässt, ist die Gelassenheit der Menschen, die man auch als Europäer schnell zu schätzen lernt. Ein Schwätzchen mit dem Nachbarn, zwei Autos begegnen sich auf der Straße und die Fahrer wechseln ein paar Worte oder man besucht des Öfteren Bekannte oder Freunden für einen Plausch.
Hier haben die Menschen Zeit, und man nimmt sie sich gerne für andere. Das war unter anderem einer der Gründe, was mich an Deutschland zunehmend gestört hat. Ein Treffen mit Freunden musste Wochen oder Monate im Voraus geplant werden. In Paraguay ist immer die Zeit vorhanden, um sich mit jemandem zu treffen und auszutauschen, selbst wenn man berufstätig ist. Es ist ein Teil des hiesigen Lebens, den wir und unsere Freunde und Bekannten, die uns aus Deutschland besuchten, sehr schätzen.
Nicht umsonst sagt ein Indianersprichwort: „Wer einmal Paraguay besucht hat, kommt immer wieder.“

Das macht mich persönlich neugierig. Deshalb werde ich selbst prüfen, ob das alte Sprichwort noch immer seine Gültigkeit besitzt. Vielleicht treffen wir uns einmal in Cordillera. Wie sind die Krankenvorsorge und die ärztliche Betreuung in Paraguay im Vergleich zu Deutschland? Und, gibt es Ihrer Meinung nach besondere gesundheitliche Risiken durch Flora und Fauna?
Risiken durch Flora und Fauna gibt es in jedem Land. Gerade, wenn man sich in eine völlig neue Welt begibt und keine der Pflanzen kennt, sollte man Vorsicht walten lassen. Ein hoher Anteil an Pflanzen ist mit Stacheln bestückt, die oftmals für lange Zeit eitrige Wunden hinterlassen.
Im Gegenzug dazu kennt man in Paraguay aber auch Tausende von fantastischen Heilpflanzen.
Die Tierwelt ist je nach Region mehr oder weniger gefährlich. Je näher man an den nördlichen Urwaldregionen wohnt, umso mehr wilde Tiere werden einem begegnen. Der südöstliche Teil des Landes ist aber weitgehend kultiviert, was die Begegnung mit Wildtieren eher selten macht.
Die Krankenvorsorge, beziehungsweise ärztliche Betreuung hängt stark von der Region ab, in der man wohnt. Bis etwa 150km um die Hauptstadt Asunción herum und in den großen Städten ist die Gesundheitsversorgung ordentlich bis gut. Wir reden hier von Regionen mit einer Einwohnerzahl von etwa 45/km². Auf dem Land liegt die Einwohnerzahl teilweise bei nur bei 0,1/km², was Krankenhäuser dort überflüssig macht. Wozu soll der Staat eine Gesundheitsstruktur dort aufbauen, wo niemand wohnt? Daher ist es für Auswanderer immens wichtig, sich nicht nur die interessanten Grundstücke, sondern auch die vorhandene Infrastruktur der Region anzusehen.
Grundsätzlich hat jeder Einwohner Paraguays, also auch die Ausländer, die über einen paraguayischen Personalausweis verfügen, das Anrecht auf eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Erst weiterführende Versorgungen kosten Geld. Diese liegen allerdings in der Regel auf einem Preisniveau, welches auch ärmeren Paraguayern eine ordentliche Versorgung ermöglicht.
In Paraguay gibt es keine Versicherungspflicht. Damit bleibt es jedem selbst überlassen, ob er sich privat krankenversichert oder nicht. Im Normalfall lohnt sich eine Krankenversicherung nicht, weil die Behandlungskosten aus europäischer Sicht sehr niedrig sind. Das ändert sich aber schnell, wenn man einen schweren Unfall erleidet oder ernsthaft erkrankt und kann dann durchaus an die finanzielle Substanz gehen.

Welche Risiken bestehen insbesondere für Malaria und Dengue-Fieber? Wie gehen deutsche Auswanderer mit dieser Gefahr um, oder sehen Sie das eher unproblematisch?
Malaria gibt es fast überhaupt nicht. Gelbfieber kommt in den grenznahen Regionen zu Brasilien vor. Im Land ist Gelbfieber unbekannt.
Eine Dengueinfektion sehe ich als relativ unproblematisch an. Dengumücken haben einen Lebensradius von 200-300 Meter um ihren Geburtsplatz herum. Das bedeutet, dass die Ausbreitung von Dengue ausschließlich von der Sauberhaltung des eigenen Grundstücks abhängt. Wo es kein stehendes Wasser gibt, gibt es auch keine Mückenlarven. Dengueepidemien, wie sie jedes Jahr in den großen Städten vorkommen, sind durch eigene Nachlässigkeit „hausgemacht“.

Welche besonderen Hürden mussten Sie in dem neuen Land überwinden?
Mit Hilfe eines versierten Einwanderungshelfers geht die Einwanderung meist reibungslos vonstatten. Ein eigenes Unternehmen kann man erst gründen, wenn man den paraguayischen Personalausweis in den Händen hält.
Die Sprache ist ein wesentliches Kriterium, um sich in Paraguay zurechtzufinden. Natürlich gibt es sehr viele Menschen, die deutsch sprechen, doch Spanisch zu erlernen ist ein absolutes Muss. Zumindest, wenn man nicht in einer der 28 deutschen Kolonien wohnt und mit seinen Mitmenschen kommunizieren möchte. Allerdings muss man an sich selbst keine so großen Ansprüche hinsichtlich der Sprache stellen, wie es in anderen Ländern Lateinamerikas nötig wäre. Denn nur 30 Prozent der paraguayischen Bevölkerung spricht spanisch. 10 Prozent sprechen deutsch und 60 Prozent ausschließlich die Indianersprache Guarani. Diese ist aber für Europäer nur sehr schwierig erlernbar. Das bedeutet für Deutsche, dass es nicht gerade selten vorkommt, dass die Paraguayer genauso gut oder schlecht spanisch sprechen wie man selbst.
Hinzu kommt, dass die Deutschkurse der Sprachschulen in Paraguay schon auf Jahre ausgebucht sind. Deutsche besitzen in den Augen der Paraguayer viel Geld, und da die meisten Verkäufer in den Geschäften auf Provisionsbasis arbeiten, setzen sie viel mehr um, wenn sie die Deutschen in ihrer Sprache bedienen können. Heute kommt es deshalb oft vor, dass zumindest ein Mitarbeiter in den Geschäften deutsch spricht.
Manchmal ist die Erwartungshaltung der Deutschen, in Paraguay ein zweites Deutschland vorzufinden, und dass sie sich nahtlos in das System integrieren können. Dann kommt der Schock. Die Paraguayer sind ein selbstbewusstes Volk und haben einen ausgeprägten Nationalstolz. Sie ertragen es nicht, wenn die Neueinwanderer ihnen stets erklären, dass sie ihr bisheriges Leben völlig falsch verbracht haben und ihre Erfahrungen nichts wert sind, weil in Deutschland alles ganz anders ist.
Nach meinen Erfahrungen sind tatsächlich viele Deutsche nicht bereit, sich den hiesigen Lebensverhältnissen anzupassen und erwarten die gleichen Voraussetzungen wie in Deutschland. Doch das südamerikanische Leben ist eben nicht mit dem deutschen gleichzusetzen. Die Lebensbedingungen sind so speziell, dass Neueinwanderer sie teilweise auch nach Jahren nicht begreifen können, wenn man sie ihnen nicht erklärt.

Also sollten die Einwanderer flexibel genug sein, um die Kultur zu verstehen und zu achten. Ich halte das für selbstverständlich, wenn ich in ein anderes Land komme. Offenbar gilt das nicht für jeden.
Was sollten Ausreisewillige unbedingt mitbringen?
Im Grunde gibt es heutzutage praktisch alles zu kaufen, was man auch aus Deutschland kennt. Bekleidung in Übergrößen ist noch Mangelware, die sollte man ausreichend im Gepäck haben.
Was generell unterschätzt wird, ist der paraguayische Winter. Man friert viel mehr als in Deutschland, auch wenn die Tagestemperaturen weit über dem Gefrierpunkt liegen und man in den Subtropen lebt. Wer eine Weile hier ist, wird anfangen zu frösteln, wenn die Temperatur unter 25 Grad fällt. Dann zieht man sich schon eine Strickjacke über. Für Auswanderer ist es immens wichtig, ihre Winterbekleidung und Wintersteppdecken für die Betten mitzubringen.
Auf das Mitbringen nach Paraguay sollte bei technischen Geräten wie beispielsweise Autos, Rasenmäher, Sitztraktoren, Freischneider, und so weiter verzichtet werden.
Sicher, die Geräte sind in Paraguay etwas teurer als in Deutschland, jedoch gibt es in der Regel keine Ersatzteile dafür, weil ähnliche Modelle meist aus Brasilien, Argentinien oder den USA stammen. Also empfehle ich, lieber Geräte in Paraguay zu kaufen, die auch repariert werden können.
Was Deutsche unbedingt mitbringen sollten, ist Geduld. Es ist anfangs schon sehr gewöhnungsbedürftig, mit welcher Langsamkeit manche Dinge erledigt werden. Aber man gewöhnt sich daran und nach einiger Zeit geht es einem auch nicht mehr anders – weil es eben zum südamerikanischen Leben gehört. Wer sich ständig darüber aufregt, reibt sich auf und ändert trotzdem nichts.

Wie hoch sollte Ihrer Meinung nach ein finanzielles Mindestkapital für einen Neuanfang sein? Gibt es staatliche, bzw. behördliche Auflagen über eine gewisse finanzielle Summe, wie es in einigen anderen Ländern für einen Daueraufenthalt erforderlich ist?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Es hängt von der persönlichen Situation der Ausreisewilligen ab.
Mindestens werden etwa 20.000 EUR benötigt, um hier starten zu können. Die Kosten für die Einwanderung, Anschaffung eines Autos und notwendiger Gartengeräte, die Miete für ein Haus, Lebenshaltungskosten, Kosten für Fahrten in die Hauptstadt, usw. müssen vorhanden sein.
Wenn derjenige über kein regelmäßiges Einkommen aus Europa verfügt, muss er zusätzlich die Mittel besitzen, um mindestens 3 Jahren über die Runden zu kommen. Es ist zu beachten, dass zu den genannten Kosten bei der Einwanderung 5.000 EUR pro Person und Familie bei einer Bank für die Dauer eines Jahres hinterlegt werden müssen. Das Geld geht nicht verloren, sondern ist als Sicherheit gedacht, falls in dieser Zeit etwas schiefgehen sollte. Nach einem Jahr bekommt man das Geld ausgezahlt, sofern man dann bei der Bank seinen paraguayischen Personalausweis vorlegt, was die abgeschlossene Einwanderungsprozedur belegt.

Gibt es weitere Besonderheiten, die Sie noch erwähnen möchten?
Es gibt eine seltsame Erkrankung, die in Paraguay „Hektaritis“ genannt wird. Deutsche, die auswandern, stellen fest, dass sie ein Vielfaches an Land bekommen, das sie in Deutschland verkauft haben. Hier werden viele Grundstücke verkauft, die 10 bis 100 Hektar groß sind.
Später kommt dann das böse Erwachen: Ein solches Grundstück muss instandgehalten werden. Die Wachstumsrate der Pflanzen liegt um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Und so ist ein großes Grundstück nach 2-3 Jahren vollkommen verwildert. Die Kosten für die Bereinigung liegen bei umgerechnet 180 EUR pro Hektar.
Darüber hinaus bergen große Grundstücke oft Probleme bei der Stromversorgung. Denn der staatliche Anbieter ANDE legt den Anschluss bis an die Grundstücksgrenze. Die Kosten auf dem eigenen Grundstück muss der Eigentümer selbst übernehmen und gehen bei großen Grundstücken schon mal in die Tausende Euro. Deswegen ist manchmal der Stromanschluss teurer als das Grundstück selbst.
Deswegen sollten Neueinwanderer vermutliche Superschnäppchen nicht sofort kaufen. Meistens haben sie einen oder mehrere Haken, die der Kaufinteressent nicht unmittelbar erkennen kann. Grundstücke sollte man nicht nur bei gutem Wetter besichtigen, sondern vor allem bei schlechtem Wetter, bei dem die Probleme zutage treten. Ist der Weg zum Grundstück auch bei schlechtem Wetter befahrbar? Liegt das Grundstück in einer Senke oder am Rand eines Sumpfes? Liegt das Grundstück auf einem Berg mit fantastischer Weitsicht? Dann stellt sich die Frage, ob es eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser gibt.
Grundsätzlich muss jeder für sich selbst entscheiden, wie viel Grundstück man in der Lage ist, zu bewirtschaften. Denn es ist das Recht der Gemeinden, Grundstücke auf Kosten der Eigentümer sauber zu halten, um zu verhindern, dass Schlangen, Vogelspinnen, Skorpione und anderes Getier sich in die Wohngegenden ausbreiten. Und das wird dann richtig teuer für den Eigentümer. Das kann bei großen Grundstücken existenzbedrohend werden.

Dem Wunsch der Auswanderung nachzugeben, sollte also stets gut überlegt sein. Das betrifft wohl jedes Land. Haben Sie diesen großen Schritt jemals bereut?
Meine Frau und ich haben den Weg nach Paraguay nie bereut. Es ist kein Paradies, aber es ist ein Land in dem man als Deutscher gut und wirklich gerne leben kann, sofern man bereit ist, sich den Lebensumständen anzupassen. Wir sind seit über 8 Jahre hier. Wenn wir mit unseren Freunden in Deutschland telefonieren, erkennen wir jedes Mal, dass wir den richtigen Schritt gegangen sind.
Mit Sicherheit ist das Land nicht für jeden etwas. Wer es bisher gewohnt war, dass ihm Behörden oder andere Menschen die Entscheidungen abnahmen, wird in Paraguay scheitern. Wer allerdings bereit dazu ist, sich einer völlig anderen Kultur anzupassen, neugierig auf Neues ist und dabei ein angenehmes Leben haben möchte, der ist in Paraguay richtig. Wir können uns nicht vorstellen, jemals wieder nach Deutschland zurückzukehren. Hier haben wir erstmals wirkliche Freiheit kennengelernt. Und die hat absolut nichts mit der angeblichen Freiheit zu tun, die den Bürgern in Deutschland propagiert wird.

Ich bedanke mich für das angenehme Gespräch, die Aufschlüsse über das vielfältige Land und die nützlichen Tipps für Ausreisewillige. Vielleicht haben wir auch einfach nur das Interesse für einen Urlaub geweckt, in ein Land, wo die Zufriedenheit und das Glück zwischen Urwald und dem modernen Leben liegen.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau noch viele sonnige Tage in Paraguay.

* Der Name wurde von der Redaktion geändert.

2 Gedanken zu „Auswandern nach Paraguay

  • Hans Dampf

    Sie sollten das etwas genauer hinterfragen. Herr W. ist weder in Paraguay noch war er in DE ein zugelassener Arzt. Auch stimmen viele Zahlen hier ganz und gar nicht. Anzahl der Deutschen, Sprachanteil deutsch/spanisch, usw.
    Ansonsten ist der Artikel gut geschrieben.

    • Baum Alfons

      guter Kommentar Hans Dampf – nach einem Intensivaufenthalt von 3 Monaten aus Paraguay zurück und ich bin nicht aus Deutschland angereist sondern mit einer Lehrzeit von 31 Jahren aus einem anderen ,sogenannten Schwellenland
      Ohne auf Einzelheiten einzugehen sage ich nur,für seriöse Auswanderer besitze ich wohl eine wesentliche interessantere Bestimmung – 2 Flugstunden vor der Deutschen Haustüre mit wesentlich besseren und interessanteren Bedingungen.
      Interessenten können sich gerne mit mir in Verbindung setzen !!! Bitte beachten : persönlich gehöre ich zur Kategorie der Leute,welche einen Hund einen Hund und eine Katze eine Katze nennen !

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