GesellschaftZeitgeschichte

Wer zuerst lachte über die witzigen Zeiten

Man hat ihn oder man hat ihn nicht, doch wo kommt eigentlich der Humor her? Die Antwort ist wohl ein Witz. Die besten Pointen schreibt das Leben. „Lachen ist Ausdruck der Seele“, so sagte es einst der chilenische Dichter und Autor Pablo Neruda. Nichts ist so international und wird weltweit in allen Kulturkreisen verstanden wie ein Lachen. Lange bevor die Menschen miteinander sprechen konnten, konnten sie übereinander lachen. Auch unsere direkten Vorfahren die Menschenaffen lachen auf ihre Weise wenn sie Freude empfinden. Dabei ist der Ursprung wohl eher weniger zum Lachen. Evolutionär habe sich diese Eigenschaft aus einer Abwehrgeste entwickelt, Feinde abzuschrecken, indem diesen die Zähne gezeigt wurden.

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Dennoch, das Lachen selbst ist ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen und nur ihm zu eigen, wie es schon Aristoteles beschrieb. „”Lacht!”, forderte der Jesuitenpater Karl Rahner seine Gemeinde auf, “denn dieses Lachen ist ein Bekenntnis, dass Ihr Menschen seid.”

Lachen ist gesund. Jedes Mal, wenn wir es tun, werden im Körper bis zu 80 Muskeln betätigt.
Es stärkt unser Immunsystem und beugt Herzinfarkten vor. Aber man kann sich auch tot lachen. So verstarb der antike griechische Maler Zeuxis von Herakleia als ihm beim Anblick seines Gemäldes ein besonders lustiges Gefühl überkam. Ebenso endete eine Pointe für den italienischen Renaissancemaler Pietro Arentino tödlich, als er nach einem Witz vor Begeisterung vom Stuhl fiel und sich das Genick brach. Einer der neuern Fälle ist der des britischen Maurer Alex Mitchell. Als er am 24. März 1975 die Serie „The Goodies“ verfolgte, erlag er nach einem 30minütigen Lachanfall seinem Vergnügen. Doch seine Witwe Nessie Mitchell nahm es mit Humor und schrieb den Hauptdarstellern der Serie:

„Die letzte Erinnerung an meinen Mann ist, wie ich ihn ansah über eure Sendung lachen hörte.“

Irgendwie komisch

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Das Wort selber leitet sich vom lateinischen Wort für Feuchtigkeit ab. Dahinter steht die Idee der Temperamentlehre auch als Humoralpathologie bekannt, nach welcher der Mensch aus verschiedenen Körpersäften bestehe, die ins Gleichgewicht zu bringen sind. Bis heute bitte die Erforschung des Humors der Wissenschaft viel Grund zum Lachen. Die „International Society for Humor Studies“ beschäftigt sich seit vielen Jahren wissenschaftlich mit dem Phänomen des Lachens. Verschiedene Theorien beschreiben dies unterschiedlich.

Die Distanztheorie geht davon aus, dass die Komik durch die distanzierte Wahrnehmung des Zuschauers entsteht, ein Missgeschick zu erleben ohne selbst davon betroffen zu sein, anders: „Frühmorgens wird ein Delinquent geweckt und zur Hinrichtung geführt wird. Darauf er: »Na, die Woche fängt gut an« – Humor, ist in diesem Fall Galgenhumor.

Als solcher hilft dieser mit auch schier unfassbaren wie dem Tod umzugehen. Bestes Beispiel hierfür ist der Darwinarward. Seit 1994 wird dieser für den dümmsten Todesfall vergeben. Auch der Brandner Kasper hätte sicher seine Freude daran. Er ist es, von dem der Boandlkrammer, auch bayerischer Tod genannt, beim Kartenspiel erst mit Kirschgeist betrunken und dann um 18Jahre betrogen wird. Alles nur um zu erkennen, das man aufhören soll, wenn es am schönsten ist.

Wie es Sigmund Freud in seiner wissenschaftlichen Abhandlung mit dem Titel „ Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ schrieb, dient Humor als Befreiung des Ichs vom Überich. In anderen Worten die Hemmschwelle über Tabuthemen sinkt, wenn etwas mit einem Witz gesagt wird. Damit kommt dem Witz etwas entlastendes Befreiendes zu. Auf diese Weise erfüllt der Karneval eine Ventilfunktion für angestauten Unmut und Kritik.

Derart hilft das Lachen mit schier unverständlich schwierigen Situationen umzugehen, wie besonders der jüdische Humor durch seine hohe Selbstironie beweist:
„Kohn beklagt sich bei Grün: „Meine Frau, die red’t und red’t und red’t, ich werd noch ganz meschugge.“ „Was red’t sie denn?“ „Nu’, das sagt sie nicht.“

Bereits in der Antike gab es Feste bei denen Herren und Sklaven für einen Tag die Rollen tauschten. Im Mittelalter entstanden große Traditionen die Obrigkeit zu veralbern. Vielerorts war es üblich für einen Tag einen Narrenbischoff aus dem Volk zu wählen, dem alle unbedingten Gehorsam zu leisten hatten. Dabei ging es nicht zu ernst zu. Pfarrer und hohe Geistliche als Dirnen und Bettler verkleidet nahmen am feuchtfröhlichen Treiben teil. Dies artete manchmal derart aus, dass 1199 der Pariser Bischoff eine eigene Karnevalsverordnung erließ. Damit ist dies eine große Ausnahme im sonst so humorlosen Mittelalter. Viele Geistliche vertraten die Auffassung wie der Abt Jorge von Burgos im Roman „Im Namen der Rose“, das Jesus nie gelacht habe. Damit begründeten sie ein allgemeines Lachverbot, das jedoch sehr unterschiedlich ausgelegt wurde. Lange war es trotz allem Brauch in der Osternacht einen Osterwitz zu erzählen.

„Würden die Christen erlöster aussehen, dann würden auch mehr Menschen an die Erlösung glauben“, sagte einst Nietzsche. Ein Seminarleiter erklärte den angehenden Geistlichen: „Wenn Ihr vom Himmel predigt, lasst Euer Gesicht strahlen. Wenn Ihr von der Hölle predigt, genügt Euer normales Aussehen.“

Im christlichen Verständnis wird damit die Auferstehung Jesu, der Sieg des Lebens über den Tod verdeutlicht. Witz macht die Erlösung verständlich. In anderen Worten in Lukas 6 21: Glücklich seid ihr, die ihr jetzt weint. Denn ihr werdet lachen.“

Was für ein Witz

Das besondere am Witz besteht anders zur Situationskomik in seiner Genialität. Das Wort selbst leitet sich vom englischen „wit“ für Verstand ab. Als solcher steht er für besondere Einfälle, besonderes Agieren in speziellen Situationen. Nürnberg beispielsweise ist bis heute für seinen Nürnberger Witz bekannt, Dinge auf eine eigene Weise zu lösen.

Hier ist speziell die Kipptheorie wichtig, die scheinbar unverständliches zusammenbringt. Bereits Arthur Schopenhauer, der seinerzeit nicht gerade als Witzbold bekannt war, sah die plötzliche Wahrnehmung einer Inkongruenz zwischen Konzept und realem Objekt als Ursache für das Lachen. Ziel des Witzes ist es scheinbar unvereinbares, unerwartetes, widersprüchliches miteinander zu verbinden. Ein gutes Beispiel hierfür liefert das alte China. Qin Shihuangdi, der Begründer des chinesischen Reiches, verstarb an einer Quecksilbervergiftung, nachdem er Quecksilbertabletten eingenommen hatte um unsterblich zu werden.

Ein Witz folgt dabei stets dem gleichen Muster. Das Exordium verschafft dem Erzähler die Aufmerksamkeit, die Exposition stellt die handelnden Figuren vor. In der Complicatio handeln die Figuren und bietet schließlich Anlass zur Interpretation der Pointe. Dies kann auf viele Weisen erfolgen, das Spektrum der Witze ist so unermesslich wie das Leben selbst.
Witzigkeit kennt keine Grenzen, Witzigkeit kennt kein Pardon und wer witzig ist der hatte schon immer gut lachen.

PapageiDer Papagei ist tot. Ach der ruht sich nur etwas aus. Bereits vor über 2000 Jahren lachten die Menschen über diesen Klassiker der britischen Komikertruppe Monty Python. Bereits im „Philogelas“ (dt. Witzefreund) , der ältesten bekannten Witzesammlung um 400 nach Christus, lachten die Menschen über ihre Mitmenschen. Solche Ratgeber galten als wichtige Vorbereitung für Symposien, auf denen es dem Wortursprung her, von gr. πίνω für trinken selber feucht fröhlich herging.

Andre Länder andre Pointen:

„Als ein Platzregen kam, tauchte ein Kymäer beim Baden unter, um nicht nass zu werden.“
Gefunden im Philogelas erinnert dieser Ausspruch doch sehr stark an unsere Humorkultur.

„Ein Ostfriese lacht dreimal über einen Witz: Einmal, wenn man ihn erzählt, das zweite Mal, wenn man ihn erklärt und das dritte Mal, wenn er ihn versteht. Der Bayer lacht nur zweimal: Einmal, wenn man ihn erzählt, das zweite Mal wenn man ihn erklärt. Begreifen tut er ihn eh nicht.“

Bekannte Beispiele sind die ewigen Rivalitäten zwischen Köln und Düsseldorf, Witze über Deutsche und Österreicher. Die kulturell am nächsten gelegene Gruppe dient dabei immer wieder als das Objekt von Spot. Niederländer machen sich etwa über Belgier lustig und Brasilianer über Portugiesen. Indem man sich gegenseitig Witze erzählt stärkt man das Gruppengefühl und grenzt sich damit gegen andere ab. Im Sinne der Superioritätstheorie kann der Witz damit auch als Waffe gegen andere verwendet werden. Im Mittelalter war es daher der Hoffnarren allein, der die Narrenfreiheit besaß, alles das zu sagen, was keiner anderen sich zu sagen traute. Aber Narren gehören nicht der Vergangenheit an. Einen besondere Beruf hat Russel Erwood . Er ist der erste offizielle Stadtnarr des walisischen Conwy seit dem Jahre 1295.

„Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“, schrieb einst Shakespeare. Besonders komisch ist sicher der Lebenslauf des offiziellen Hofnarren von Tonga, Jesse Bogdonoff, der zuvor als Banker der Bank of America mehrer Millionen in windigen Investition im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt hat.

Cicero sieht genau hierin eine wichtige Aufgabe des Witzes, bestehende gesellschaftliche Abweichungen aufzuzeigen und gegen diese vorzugehen. Inwieweit dabei der Spruch „Satire darf alles“ Gültigkeit besitzt ist von Kulturkreis zu Kulturkreis unterschiedlich zu verstehen.

Jedoch hat sich die Taktik Kritik durch Humor zu üben als sehr erfolgreich erwiesen. Insbesondere in Ländern, die durch ein autoritäres System gekennzeichnet sind, ist die Komik eine wichtige Säule gesellschaftlichen Unmut zu äußern. In der ehemaligen DDR zum Beispiel waren die Radio Eriwan-Witze sehr beliebt. Basierend auf einem fiktiven Radiosender in der armenischen Hauptstadt konnten so durch das Telefon gesagt Kritik und Unmut geäußert werden: „Können Sie uns sagen, wo der Erfinder der Radio-Eriwan-Witze sitzt? Wir wissen nicht, wo er sitzt, aber er sitzt bestimmt.“

Aber je nach Kontext wird ein Witz besser, schlechter oder gar missverstanden. Daher machte sich der britische Psychologe Richard Wiseman 2001 auf die Suche nach dem besten Witz der Welt. Über 500.000 Menschen aus über 70 Ländern konnten ihre Lieblingswitze einreichen und bewerten. Gewonnen hat diese Begebenheit aus der Welt des Jagdsportes:

„Zwei Jäger sind im Wald unterwegs, als einer von ihnen zusammenbricht. Er scheint nicht mehr zu atmen, und seine Augen sind glasig. Der andere Typ zückt sein Telefon, ruft den Notdienst an und stößt hervor: ‚Mein Freund ist tot! Was kann ich nur machen?‘ – Darauf der Telefonist: ‚Beruhigen Sie sich. Ich kann Ihnen helfen. Zuerst sollten wir sicherstellen, dass er tot ist.‘ Kurze Pause, dann ein Schuss. Zurück am Telefon sagt er: ‚OK, was jetzt?“

Das Leben selbst ein Witz

Was ist also der Humor im Leben? Die Botschaft die uns der Karneval vermitteln will ist einfach. Das Leben ist selbst ein Witz, es mit all seinen Mühen, Ängsten und Nöten nicht zu Ernst zu nehmen. Wenn es zum Weinen nicht reicht, soll man Tränen lachen. Ein bisschen Spaß muss sein, denn der Ernst kommt von ganz allein. Häufig ist das Leben voller Widersprüche, voll von Scheitern, doch die beste Antwort bietet ein jüdisches Sprichwort.
„Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, so erzähl ihm von deinen Plänen.“

Nicht selten stoßen wir an unsere Grenzen, können Dinge nicht begreifen, nicht fassen, sind Widerständen und Unvernunft ausgesetzt. „Lächeln ist die beste Art seinen Gegnern die Zähne zu zeigen,,“ wusste schon der Kabarettist Werner Finck. „Komisch ist etwas oder muss es sein, mit dem man – grausamer- und angenehmerweise – nicht fertig wird, schon gar nicht durch eine Theorie“, schrieb einst der Philosoph Odo Marquard. In diesem Sinne rät der Komiker Charlie Chaplin: „ Jeder Tag an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.“
Wo kommt also eigentlich der Humor her? Diese Frage kann wohl niemand besser beantworten, als der Großmeister des Humors selbst, Victor von Bülow, Loriot.

Stephan R.

Stephan interessiert sich für Warum und die Welt: Seit 2014 gehe ich für backview.eu scheinbar alltäglichen Dingen auf den Grund, betrachte warum manches so ist wie es ist. Wenn ich nicht gerade an einer neuen Idee für einen Artikel sitze, beschäftige ich mich gerne mit Fotographie oder Fremdsprachen oder widme mich meinen Politikstudium.

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