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Wenn Profit vor Gesundheit steht

Auf den ersten Blick erinnert viel an alte John Grisham und Erin-Brockovich-Storys. Ein junger Anwalt, der einen Skandal aufdeckt und gegen eines der größten amerikanischen Pharmaunternehmen vor Gericht zieht, ein Film, der auf einer wahren Geschichte basiert. Klingt bekannt, ist aber trotzdem anders.


Mike Weiss (Chris Evans) hat eigentlich genug eigene Probleme, doch als er von dem Fall der Notaufnahmeschwester Vicky hört, kann er seine Neugier kaum zügeln. Vicky hatte sich, wie jährlich tausende andere Krankenschwestern, an einer Nadel mit HIV infiziert. Ein alter Familienfreund Vickys, der als Ingenieur tätig ist, beschließt jedoch, dass es einen Ausweg aus der gefährlichen Nadelinfektion geben muss.

Er entwirft die sogenannte „safety needle”: Eine Nadel, die sofort nach Gebrauch ihre Spitze einzieht und somit nicht zweimal verwendet werden oder eine Krankenschwester stechen kann. Doch aus anfangs nicht nachvollziehbaren Gründen lehnen alle bis auf ein Krankenhaus die Einführung einer solchen sicheren Nadel vehement ab.

Mike Weiss nimmt sich des Falls an und tingelt von Krankenhaus zu Krankenhaus, überzeugt davon, einen Abnehmer zu finden. Als sein Einsatz erfolglos bleibt, beginnt er, nach einer Ursache zu forschen. Es dauert nicht lange, bis er über die Großen der Liga stolpert: Pharmaunternehmen, die einen Vertrag mit jedem Krankenhaus in den Vereinigten Staaten haben und lieber hunderttausende von Neuinfektionen durch kontaminierte Nadeln in Kauf nehmen, als ihr Monopol mit einem anderen Ingenieur zu teilen.

Mike beschließt, politische Hilfe aus dem Senat zu organisieren. Lediglich ein kleines Problem stellt sich seinem Erfolg entgegen – Mike ist drogenabhängig. Und genau hier liegt der Knackpunkt im sonst so packenden und schockierenden Film: er ist sehr auf seinen Hauptcharakter ausgerichtet.

Sicherlich ist der Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, unter Anderem überhaupt erst gedreht worden, um eine Hommage an Mike Weiss darzustellen, doch eine etwas tiefere Beleuchtung des Problems und etwas weniger Anekdoten über den Hauptanwalt hätten dem Film zu mehr Tragweite verholfen.

Die spätere Auflösung des Falles und die unterschwellige Anschuldigung der Vertuschung auf einem ganz anderen Gebiet – nämlich bei der Ausbreitung von Infektionskrankheiten in Afrika – rückt leider etwas in den Hintergrund.

Gerade weil es sich hierbei um einen wahren Fall handelt und weil alleine in Amerika viele Krankenhausangestellten von diesem Schicksal betroffen sind, hätte mich ein wenig mehr Hintergrundrecherche in die Machenschaften der Pharmakonzerne sehr gereizt.

Nichtdestotrotz ist dieser Independent-Film ein kleines Meisterwerk mit einem sehr überzeugenden Chris Evans und einer hässlichen, wenn auch vielleicht gar nicht so schockierenden Wahrheit: dass es am Ende immer um Geld geht und dass selbst die Gesundheit einer ganzen Bevölkerung in erster Linie ein Konsumfaktor ist.

(Text: Carolin Schmitt)

Carolin S.

Ich habe 2009 angefangen für back view zu schreiben, damals vor allem im Bereich *Sport*. Mittlerweile schreibe ich auch über andere Themen und versuche mein Studium der Anglistik und Amerikanistik auch ab und zu mit meinen Artikeln zu verknüpfen.

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