Deutschland

Von jungen Wilden und (amts)müden Alten

Zwei Ereignisse beschäftigten die Politikredaktion von back view im Jahr 2010 besonders: Der plötzliche Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler im Frühjahr und die Renaissance der Anti-Atom-Bewegung dank Laufzeitverlängerung und Castor-Transporten im Herbst. Aber auch darüber hinaus wurde einiges geboten.

[divide]

Das neue Jahr 2010 begann bei back view, wie das alte aufgehört hatte: Mit der Fortsetzung der Serie über die „Jungen Wilden” im deutschen Bundestag. Julia Jung fühlte den jüngsten Abgeordneten von CDU (Nadine Müller) und FDP (Florian Bernschneider) auf den Zahn. Im Februar begab sich Ronja von Wurmb-Seidel in den Außeneinsatz und besuchte Bundeswehrsoldaten in Oldenburg bei der Übung (“Proben für den Ernstfall”). Deren Chef, dem Bundesverteidigungsminister, widmete sich Miriam Keilbach im April und konstatierte: “Der Baron stolpert – bei Guttenberg bröckelt der Glanz”.

Bis zum Mai wurde es dann international: Miriam Gräf kommentierte, wie Deutschland angesichts des Afghanistan-Einsatzes mit dem Wort „Krieg” umgeht (“Umgangssprachliche Realität?”), und porträtierte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy: Einen kleinen Mann mit großer Frau – und großer Macht (“L’état C’est Moi”). Konrad Welzel blickte derweil weit nach Osten und schrieb über die blutigen Zusammenstöße zwischen Militär und regierungskritischen „Rothemden” in Thailands Hauptstadt Bangkok (“Blutige Demonstrationen in Thailand”).
Am 31. Mai trat Bundespräsident Horst Köhler überraschend zurück. back view reagierte schnell: Julia Jung (“Präsident der Herzen”) und Timo Brücken (“Tschüss Horst”) kommentierten und analysierten die Entscheidung des Staatsoberhauptes und sagten: „Tschüss Horst!”. Zwei Wochen später stellten sie die Kandidaten für Köhlers Nachfolge vor; Christian Wulff und Joachim Gauck. Währenddessen nahm sich Robert Reiche das Interview, über das Köhler in den Augen vieler Beobachter gestolpert war, noch einmal genauer vor.

Nach der Sommerpause porträtierte Julia Jung Hans Heisel, der sich im Zweiten Weltkrieg vom naiven Mitläufer zum überzeugten Widerstandskämpfer wandelte (“Auf der Suche nach dem letzten Zeitzeugen”). Als Wehrmachtssoldat kam er nach Frankreich, trat dann aber der Résistance bei, um gegen die Nazis zu kämpfen. Neun Jahre und elf Tage nach „9/11″ versuchte Martin Böcker am 22. September einen Blick hinter den Begriff Terrorismus zu werfen (“Transnationale Djihadisten versus nationale Islamisten”). Kristin Heck fragte, was sich im Flugverkehr seit dem schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte geändert hat (“Kein Eingriff in die Intimsphäre”). Auch der Oktober war von Analysen geprägt: Jerome Kirschbaum schrieb über die Widerbelebung des „Schreckgespenstes Sozialismus” und forderte nach dem harten Durchgreifen gegen die Stuttgart-21-Gegner eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten (“Mehr Transparenz!”).

Mit dem Protest ging es im November weiter, als wieder einmal Castor-Transporte gen Deutschland rollten und die Anti-Atom-Bewegung der 1980er Jahre nach der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ihre Widergeburt feierte (Titelthema: “Wo geschottert wird, da fallen auch Castoren”). „Poppen für die Demokratie” – so fasste Konrad Welzel das schlüpfrige Angebot von Charlotte Roche an Bundespräsident Wulff zusammen und schmökerte außerdem im „Tagebuch eines Schotterers” (“Ein Gefühl der Verbundenheit durchzog mich”). Anna Franz betrachtete das Problem Castor von der anderen Seite der Staatengrenze aus und schilderte die Stimmung in Frankreich (“Ruhe im Streik-Land Frankreich”). Miriam Gräf rief in ihrem Kommentar schließlich selbst zum Protest auf und stellte klar: „Frau Merkel, so geht das nicht!”.

Ein turbulentes vergangenes Jahr also, das auf viele neue spannende Themen im nächsten hoffen lässt. Das Politikressort von back view wünscht allen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr 2011.

(Text: Timo Brücken)

Schreibe einen Kommentar