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USA: Junge Wähler sind doch nicht alle mobilisiert!

Auf dem Weg vom Flughafen zu meinem Studentenwohnheim fallen mir sofort die kleinen Schilder in den Gärten der Amerikaner auf. Auf den ersten Blick wird klar, hinter welchen Gartenzäunen sich welche politischen Meinungen verbergen. Die Präsidentschaftswahl ist das Thema Nummer Eins der meisten Amerikaner – oder besser gesagt: der politisch interessierten Amerikaner. Denn wie auch in Deutschland gibt es hier Menschen, die sich nicht für Politik interessieren.

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In Amerika sind die Hürden zur Beteiligung an der Abstimmung, durch strenge zeitliche Beschränkungen, ein schwer durchschaubares Wahlsystem und eine umständliche Registrierung, sehr hoch. Alleine deshalb gibt es eine sehr viel größere Anzahl an Menschen, die sich nicht für die Wahl interessieren und versuchen der umfassenden Werbung auszuweichen.
Egal ob Christina Aguilera mit ihrem Baby auf dem Arm dazu aufruft sich an der Wahl zu beteiligen, in der Zeitung die neuesten Wahlprognosen diskutiert werden oder Registrierungsformulare auf dem Campus ausgefüllt werden. Es ist einfach schwer dem ganzen Trubel auszuweichen und alles dreht sich um die entscheidende Frage: Wer wird am vierten November der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika?

Drei Beispiele junger Studentinnen
Im August waren meine drei Mitbewohnerinnen beigeistert über die Tatsache, dass ich Politikwissenschaften studiere und wir haben fleißig über die Kandidaten und die Themen der Wahl diskutiert. Keine von ihnen war bis dahin registriert, sie wollten es aber unbedingt noch tun. Alle waren sich einig, dass diese Wahl entscheidend ist und sie deswegen wählen sollten. Emma, ein quirliges 20-jähriges Mädchen aus Florida sieht den ganzen Trubel um die Kandidaten gelassen, denn für sie sind die Vizepräsidenten entscheidend. Wenn McCain gewinnt, wird er an einem Herzinfarkt sterben und Obama wird bei einem Sieg sowieso erschossen werden. Emma würde deshalb Obama wählen. Im Gegensatz zu Palin, zu der ihr nur „Oh fuck!” einfällt, erachtet sie John Biden als glaubwürdigen Politiker, welcher fähig wäre Amerika zu regieren.

Meine andere Mitbewohnerin kann sich nicht so wirklich entscheiden – ihre Eltern sind starke Obama Befürworter und ihr bester Freund engagiert sich für die Republikaner. Sie kann keine großen Unterschiede feststellen und bleibt deswegen bei den Debatten ruhig und unauffällig. Meine dritte Mitbewohnerin, Morgan, ist eine überzeugte Demokratin für die es an der Zeit ist, dass ein Schwarzer Präsident von Amerika wird. Dann kam die Finanzkrise – und ihre Eltern. Letztere besitzen eine Firma und wären von Obamas Steuererhöhung direkt betroffen.
Das haben sie ihrer Tochter deutlich gemacht, denn weniger Geld für die Eltern bedeutet auch weniger Geld für die Tochter – was vor allem weniger Geld für Klamotten bedeuten würde. Nun vertritt Morgan die Meinung, dass sie im Sinne ihrer Eltern wählen sollte, denn diese Wahl betrifft sie persönlich noch nicht so wirklich. Für sie sind die nächsten Wahlen entscheidender, denn dann hat sie ihren Abschluss und wird auf dem Arbeitsmarkt kämpfen müssen.

Bis Dienstag ist nicht mehr viel Zeit und beide Kandidaten haben bis dahin noch einen straffen Zeitplan, um noch möglichst alle unsicheren Bundesstaaten zu bereisen und Wähler zu gewinnen. Egal wie die Wahl ausgehen wird, meine drei Mitbewohnerinnen werden sich nicht beteiligen. Denn mittlerweile ist klar: Zwei haben den Termin für die Registrierung nicht eingehalten und Morgan hat keine Briefwahl beantragt, weshalb ihre Stimme für South Carolina zählen würde. Da dies als ein sicherer Bundesstaat für die Republikaner gilt, sieht sie ihre Stimme als eine Verschwendung und wird wohl lieber eine Runde shoppen gehen – momentan gibt es ja noch keine Steuererhöhung!

(Text und Foto: Johanna Zapf)

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