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Stets zu Diensten, Mylady

ehrenamt_teaserOb als Sanitäter beim Bayerischen Roten Kreuz oder als FSJ-lerin in der kommunalen Jugendpflege. Ehrenamtliche sind die Pfeiler der Gesellschaft und ihnen gebührt deshalb auch viel mehr Würdigung, als es in Deutschland der Fall ist.


Eine Demokratie lebt nicht vom Kreuz alle vier Jahre – was sie braucht, sind ehrenamtlich arbeitende Menschen. Allein das Abschaffen des Zivildienstes reißt riesige Löcher in das staatliche Versorgungssystem und damit wird es für die Qualität des Sozialstaats existenziell sein, dass sich Bürger noch mehr freiwillig und unentgeltlich engagieren.

Bürger wie der 20-jährige Niklas zum Beispiel. Er arbeitete zwölf Monate als Freiwilliger beim Bayerischen Roten Kreuz. Nebenbei machte er die Ausbildung zum Rettungssanitäter.
Warum er sich für das Freie Soziale Jahr entschied, kann er sofort beantworten:
„Jeder junge Mensch sollte etwas für die Gesellschaft leisten und somit die Chance nutzen an so einer Aufgabe zu wachsen.”
Nach dem abgelegten Abitur war es für Niklas die beste Möglichkeit die Zeit zu nutzen, um sich in Richtung Studium zu orientieren und zuhause wohnen bleiben konnte er, was bei der geringen Entlohnung, die das FSJ vorsieht, gar nicht so unwichtig ist, auch.

Zwischen Ehre und Amt
„Ich wurde vor allem im medizinisch qualifizierten Krankentransport eingesetzt, rutschte aber immer wieder in den klassischen Rettungsdienst rein”, erklärt Niklas. Dazu gehörte natürlich auch mit „Tatütata” zum Notfall zu brausen:
„Leben retten ist zwar nicht ansatzweise so heroisch, wie man sich das vorstellt, aber es ist dann schon ein nettes Gefühl und eine tolle Erfahrung, wenn man weiß, dass ein Mensch deswegen weiter leben kann, weil meine Kollegen und ich das Richtige getan haben ¬- auch wenn das nur sehr selten passierte.”

In der Notfallrettung tätig zu sein war für ihn sowohl im medizinischen Bereich als auch im Ausbau der sozialen Kompetenzen eine wichtige Erfahrung. Wenn es das Studium und seine Leidenschaft, der Handballsport, zulassen, würde er auch gern weiterhin ein Ehrenamt ausüben.
Momentan genießt er es aber noch, in den Semesterferien zu seiner alten Arbeitsstelle in Bayern zurückzukehren und um der alten Zeiten willen eine Schicht zu übernehmen.

ehrenamt_textFSJ als Entscheidungshelfer
Teresa, 20, Studentin der Sozialwissenschaften hat ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Jugendarbeit gemacht. Im „Treff im Ort” (TriO) in Bad Essen war sie zwölf Monate Frau für alles.
Nach dem Abitur zog Teresa bewusst von zuhause aus, um auf eigenen Füßen zu stehen. Ihr FSJ hat ihr geholfen, ihren Wunschstudiengang zu finden, selbstständig zu werden und den Blick für die kleinen Dinge zu schärfen. Ohne ihr Engagement in der Jugendarbeit hätte sie sich nicht zu der Person weiterentwickeln können, die sie heute ist.

„Nur wenn man direkt am Geschehen ist, kann man verstehen wie schwer es manche Kinder haben können”, so Teresa. Im TriO können Kinder und Jugendliche unabhängig ihrer finanziellen Mittel, Ethnie, Religion und ihres Geschlechts kommen, um sich frei zu entfalten, neue Dinge auszuprobieren oder einfach nur Kontakt zu Gleichgesinnten zu pflegen.
„Viele denken, ein FSJ in einem Kinder- und Jugendtreff zu machen, sei eine einfache Aufgabe – das war es aber nicht”, betont Teresa. Zu denjenigen, die den Treff besuchten, zählten oftmals Kinder mit Migrationshintergrund oder Kinder, die in einem schweren sozialen Umfeld aufwachsen.

Es war eine Ehre ein Jahr als Freiwillige arbeiten zu dürfen, resümiert Teresa heute. Das Tragen von Verantwortung, die Anerkennung und der Respekt der ihr entgegengebracht wurde, war für sie eine prägende Erfahrung. Ihr FSJ hat sie trotzdem nie als Verpflichtung empfunden: „Ich komme immer wieder gerne in den Treff im Ort zurück, um dort zu helfen. Ich glaube, es kommt gar nicht darauf an, was man macht, sondern dass man dabei Spaß hat und glücklich ist.”

Ein Dienst für die Gesellschaft und für sich selbst
Niklas und Teresa sind der Auffassung, dass sie mit den Kompetenzen, die sie sich in ihrem Freien Sozialen Jahr aneignen konnten, auch gute Chancen im Berufsleben haben werden. Das Gefühl, etwas für andere zu tun und dadurch glücklich zu sein, ist eine Erfahrung, die viel mehr Menschen machen sollten – darin sind sich beide einig.

Eine Demokratie nährt sich zu einem großen Teil aus der Partizipation seiner Bürger.
Damit ist nicht nur politisches Interesse gemeint, sondern vor allem auch Interesse an den Grundwerten der Demokratie. Besonders Vereine sind Teil dieser demokratischen Gesellschaft, nicht nur weil ihr Aufbau und ihre Struktur in unserem Grundgesetz definiert wurden.

Das Ehrenamt ist ein Grundpfeiler unserer freien, demokratischen Gesellschaft, weil es jedem Einzelnen die Kompetenz in die Hand gibt, seine Umwelt so zu verändern, wie es ihm selbst möglich ist.

(Text: Lisa Brüßler / Foto: Jan Photographer by jugendfotos.de)

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