Musik & Theater

„Schwere Herzen sind unterwegs”

Gerade einmal 21 Jahre alt ist „Eva Croissant” geworden. Sie singt davon, die Wolken erreicht zu haben und der Sonne entgegen zu fliegen. Einen Tag nach der Release-Party ihres Debütalbums „Du bist nicht irgendwer” spricht die junge Sängerin mit der ausdrucksstarken und klaren Stimme über ehrliche Texte, erreichte Ziele und eiserne Zeiten.


back view: Wie reagierst du eigentlich auf die Frage: „Und, was machst du so?”
Eva Croissant: Es kommt immer auf den Rahmen an, in dem mir diese Frage gestellt wird. Lange Zeit war es sehr komisch, dies zu beantworten, weil ich nicht naiv oder gar überheblich und eingebildet wirken wollte. Es ist immer schwer die Waage zu halten, sich weder unter Wert zu verkaufen, noch zu hoch zu greifen, aber mit der Zeit bin ich selbstsicherer geworden. Heutzutage erzähle ich also ganz selbstbewusst, dass ich Musikerin bin, auch wenn damit immer wieder falsche Vorstellungen assoziiert werden.

Wie bist du überhaupt zu der Musik gekommen?
Im Alter von fünf Jahren war ich fasziniert von Lothar Antoni, einem Sänger, der bei vielen Festen unseres Kindergartens auftrat und tolle Lieder über Fairness und Zusammenhalt sang. Meine Familie kannte ihn über drei Ecken und deshalb bot sich die Möglichkeit, in seinem Kinderchor aktiv zu werden. Das Ganze habe ich zehn Jahre lang gemacht. Er hat mich sehr inspiriert, das war schon eine echt tolle Zeit. Als ich 15 Jahre alt war, hat mir ein Freund dann die wichtigsten Akkorde auf der Gitarre beigebracht. So fing ich an, Songs auch ohne Band zu spielen. Ein Jahr später entstand mein erster Song.

Du hast mit 17 Jahren die Schule abgebrochen und bist daheim ausgezogen. Wie kam es dazu?
Ich hatte schon immer Probleme mit der Schule. Zwar nicht notenmäßig, aber ich konnte die Institution Schule nicht mit meinem Gerechtigkeitssinn vereinbaren. Ich denke, dort sind einige Dinge unfair abgelaufen und ich kam mit dem System nicht zurecht. Hinter dem Schulabbruch steht somit viel mehr, die Musik war dann nur noch der Auslöser es endlich zu beenden. Kurz nachdem ich bei einem bundesweiten Schülerbandcontest unter die besten acht Bands gewählt wurde und dort ganz viel Bestätigung, Freude und Kontakte gesammelt habe, war es ganz klar: Die Musik ist mein Weg. 

eva2Hättest du dir je vorstellen können, bei einer Casting-Show teilzunehmen?
Ich sehe mich nicht bei einer Casting-Show. Ich bin zwar ein paar Mal zu Castings gegangen, aber nie mit dem Gedanken, dort ernsthaft weiterzumachen und schließlich schlechte Verträge zu unterschreiben. Das wäre einfach nicht ich, weil ich dafür auch viel zu lieb und ehrlich bin. Ich sehe mehr Potential in Netzwerken wie YouTube, Facebook und Co., die vor allem unbekannten Sängern die Möglichkeit bieten, ihre Musik publik zu machen.

Hast du Vorbilder, die dich beeinflussen und inspirieren?
Früher habe ich es immer abgelehnt, von einem Idol zu sprechen. Mittlerweile bejahe ich diese Frage aber. Denn ich entdeckte letztes Jahr die Band Mikroboy. Die Texte sind einfach wahnsinnig gut und ich erkenne mich in jedem ihrer Lieder wieder. Ein weiterer großer Einfluss ist auch Bosse und wahrscheinlich auch das neue Album von Silbermond, von dem ja bisher leider erst ein Song bekannt ist. Ansonsten beeinflusst mich mein Umfeld natürlich sehr. Ich habe zum Beispiel viele Musikerfreunde, mit denen ich meine Leidenschaft teile.

Ist es nicht manchmal schwer, nur als Vorband bei einem Konzert zu spielen?
Ich liebe eigentlich die Gigs, an denen ich nur als Supportband geladen bin und nicht der Hauptkünstler bin, weil mir dann zum Beispiel die Organisation egal sein kann und ich meinen Auftritt einfach nur genießen kann. Ich sehe es also positiv, „nur” Supportband zu sein, weil man keine übererhöhten Erwartungen erfüllen muss, sondern die Möglichkeit hat, neue Leute für sich zu begeistern.
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Deine ersten Lieder waren in Englisch, mittlerweile singst du aber nur noch in Deutsch. Warum?
Ich habe gemerkt, dass meine Ausdrucks-möglichkeiten im Englischen begrenzt sind. Nach einigen Songs haben sich einige Redewendungen immer wieder wiederholt. Das ist einfach störend. Im Deutschen habe ich mehr Worte, um meinen Gefühlen eine Stimme zu verleihen. Der Text ist mir in der Musik unheimlich wichtig. Mit meiner eigenen Sprache bin ich näher am Publikum und weiß, dass es dort auch so ankommt.

Hast du auch Zweifel oder Ängste, dass dein Plan mit der Musik nicht klappen könnte?
Natürlich kommen immer wieder Zweifel auf, die schwirren dann eine Weile im Kopf herum, werden aber längst nicht mehr wirklich ernst genommen. Ich halte mich eher an die Weisheit, dass man den Moment leben muss und genau das tun sollte, was man für richtig hält. Mit meiner Musik habe ich wenigstens selber etwas in der Hand und etwas, wo ich zu 100 Prozent dahinter stehe. Es geht immer irgendwie weiter und im Leben stehen einem so viele Wege offen. Ich weiß nicht, was ich mit 50 Jahren mache, aber mal ganz ehrlich: Muss ich das wissen? Im Gegenteil: Ich glaube es würde mich traurig stimmen, wenn ich es bereits wüsste!

Wie kommst du zu deinen Texten?
Meine Songs entstehen immer aus einer Empfindung heraus. Sie entstehen, wenn mich irgendetwas aus meinem eigenen Leben oder aus meinem Umfeld mitnimmt und bewegt. Dann kommt entweder erst eine Melodie oder aber ich spiele etwas auf meiner Gitarre oder es kommt mir eine einzelne Zeile in den Sinn. Der Weg zu einem Song ist also sehr unterschiedlich. Auf jeden Fall entsteht er immer aus einem sehr ehrlichen Gefühl.

Wie kommt es, dass du mit deiner Musik solche Melancholie verbreitest?
Du hast schon recht, Melancholie findet sich in vielen meiner Songs. Es ist vielleicht meine Art von Musik, mein Stil. Ich gehe davon aus, dass sich dieser im Laufe der Zeit noch entwickeln wird, aber im Moment verpacke ich eben alles in eher nachdenklichen Liedern, die aber trotzdem Lebendigkeit und Lebensfreude zeigen. Ich finde wir leben eben gerade in einer sehr melancholischen Zeit. Schwere Herzen sind unterwegs.

Eva Croissant, vielen Dank für das Gespräch.

(Interview: Christina Hubmann/ Fotos: Simon Fessler)

Christina H.

Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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