Westen

Gehetzt, aber aufregend

london neuEinmal den „Melting Pot London” erleben, durch den Hyde Park spazieren, mit Pfund bezahlen und in roten Telefonzellen telefonieren. Nach ihrem drei-wöchigem Urlaub in London und Cornwall im Juli, berichtet Ronja von ihrer Reise durch das kalte, grüne England, das mehr zu bieten hat, als Fish‘n‘Chips und sagenhafte Festivals.
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Es ist sechs Uhr früh als ich, eingequetscht zwischen zwei schlafenden Kindern, mehreren Kissen und Proviant, mit meiner Familie Richtung Westen aufbreche. Destination: Barking, England, Great Britain.

Doch zunächst liegt eine zwölfstündige Fahrt vor mir, die mich durch fünf Länder führen soll: Und das an an einem Tag. Wir durchqueren Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich, bis wir am Eurotunnel nahe Calais angelangen. Mit Unbehagen fahren wir in den Autozug hinein, der von innen einer gewöhnlichen, deutschen U-Bahn nicht unähnlich sieht. Doch zwanzig Minuten in einem Zug unter Wasser verbringen? Als der Autozug anschließend wieder ans Tageslicht fährt, fühle ich mich nicht wie andere Familienmitglieder unendlich bereichert obgleich der einzigartigen Erfahrung, sondern bin froh, dass ich mich erst in zwei Wochen wieder hier befinden werde.

Im Gegensatz zu den Niederlanden und Belgien, die Deutschland durch das Fenster hindurch merklich ähneln, ist England eine Spur grüner, ruhiger und definitiv verdrehter. Denn wer hier auf die Autobahn fährt, guckt lieber zwei Mal über die Schulter, um sicher zu gehen, dass er nicht als Geisterfahrer verkehrt. Kaum in England angekommen, wird „BBC Radio One” gesucht, gefunden und gehört. Schließlich bereiteten wir uns bereits zwei Monate davor durch regelmäßiges Podcast-Hören auf die „Chris Moyles Show” und dergleichen vor.
Während wir unserem Ziel innerhalb Greater Londons immer näher kommen, bestaune ich das grüne England. Kleine Hügel erheben sich bereits hier und dort und werden von goldener Abendsonne beschienen. Gegen achtzehn Uhr erreichen wir unsere Unterkunft und erkunden noch ein wenig die kleine Stadt, bevor wir abends bei einem Chocolate Fudge Cake den Tag ausklingen lassen und bereits Pläne für den ersten Tag in London schmieden.

dsc_1417__3jpgDas Wetter überrascht uns am nächsten Morgen nicht. Als wir an der U-Bahn Station Tower Hill aussteigen, peitscht uns schneidender Wind mit vereinzelten Regentropfen ins Gesicht und untermalt die Kulisse, inmitten derer wir uns befinden. Der Tower of London beinhaltet nämlich nicht nur die Kronjuwelen, sondern diente früher auch als Gefängnis. Entlang der Themse findet man, welch Überraschung, Restaurants wie das „The Hung Drawn and Quartered”. Gleichzeitig enttäuscht jedoch auch der Blick, der sich bietet: Viele Kräne ragen sowohl nah als auch fern in den Himmel und Glasbauten, die sich schwerlich mit dem Bild des „altehrwürdigen” Londons, gekennzeichnet von Westminster Abbey und St. Paul‘s Cathedrale, vereinbaren lassen, versperren die Sicht.

Vorbei am Shakespeare‘s Globe und der Tate Modern führt unser Weg über eine der zahlreichen Brücken Londons direkt auf die berühmte Kathedrale zu.
Da wir jedoch lediglich zwei Tage in der Metropole bleiben, bleibt ein Besuch in St. Paul‘s aus. Denn London lässt einem keineswegs Zeit – ständig in Bewegung, unter Strom und am Puls der Zeit findet man auf der Oxford Street keinen freien Zentimeter, um gar stehen zu bleiben. Während ich mich bemühe, mir meinen Weg in Läden wie Topshop, Bershka oder Miss Selfridges hinein zu bahnen, macht es sich der Rest um die Mittagszeit in einem Starbucks gemütlich und überlässt mich meinem Schicksal, das in dem Rummel der Oxford Street relativ ungewiss ist. Nach einer Stunde Shopping-Odyssee kehre ich zum vereinbarten Treffpunkt zurück, um festzustellen, dass London zwar überteuert und skinny, dafür aber sehr in vogue ist.
Den Abschluss des ersten Tages in London bildet das Viertel Notting Hill, bekannt aus dem gleichnamigen Film, und plötzlich wetten Himmel und Häuser um die strahlenderen Farben. Eine bunte Haustür reiht sich in der Portobello Road an die nächste, während einige Straßen weiter prunkvolle Bauten in cremefarbenen Tönen das Bild bestimmen, nicht umsonst gehört Notting Hill zu den teuersten Vierteln Londons. Bei einem freundlichen Pakistani finden wir jedoch noch einige bezahlbare Souvenirs und essen anschließend in einem Pub zu Abend, die es in London wie Sand am Meer zu geben scheint, bevor wir in unser Hotel nach Barking zurückkehren.

Meine erste Bilanz: London ist aufregend, erschöpfend, „Hamburg in groß” und ich habe noch keine Fish‘n‘Chips gegessen.
Die Fortsetzung folgt bald.

(Text: Ronja Heintzsch / Foto: Laura Horn by jugendfotos.de / Foto: Frieder Knabe by jugendfotos.de)

Ronja H.

Konstruktive Kritik in bitterscharfen Kommentaren üben, die Welt bereisen, auf aktuelle Problematiken hinweisen - all dies sind Gründe, aus denen Ronja beschloss, sich dem Metier Journalismus zu verpflichten. Schließlich gibt es noch einige unaufgedeckte Watergate-Affären in dieser Welt.

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