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Rebellion!

Zuletzt veröffentlichten One Fine Day aus Hamburg mit „The Element Rebellion” ihr sechstes Album, nun touren die vier Musiker unplugged durch Norddeutschland. Im Gepäck haben sie ihren Humor, der sich bereits nach wenigen Minuten im Interview mit back view – Redakteurin Ronja Heintzsch abzeichnet.
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back view: One Fine Day sind noch nicht allerorts den Leuten ein Begriff. Wie würdet ihr eure Bandgeschichte zusammenfassen?
Marten Pulmer (Leadsänger und Gitarrist): Wir wurden damals zusammengecastet aus 500.000 gutaussehenden jungen Männern und so ist die Band entstanden. Nein, Quatsch. Hendrik und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten und haben irgendwann angefangen, zusammen Musik zu machen, als wir dreizehn, vierzehn Jahre alt waren. Wir haben dann Marco und Erik (Schlagzeuger) kennen gelernt und so entstanden daraus One Fine Day.

oneback view: Was hat es mit dem Namen „One Fine Day” auf sich?
Marten: Der ist auf Marcos Mist gewachsen…
Marco Köhrsen (Bassist): Der Name ist mir irgendwann einfach eingefallen, wir haben wirklich wochenlang darüber nachgedacht, wie man die Band nennen könnte. Ab und zu kamen wir in den Proberaum mit Namen…
Hendrik Burkhard (Gitarrist): …die waren alle scheiße. Marco: Den ersten, den du hattest, Hendrik, fand ich ganz gut, 30 Seconds To Mars.
Hendrik: Da war ja klar, dass das nichts werden kann.
Marco: Die Leute waren noch nicht so weit … Auf jeden Fall kam mir irgendwann die Idee zu „One Fine Day”, was einerseits „eines schönen Tages…” bedeuten kann, andererseits aber auch „ein schöner Tag”.  Marten: Es schwingt so viel Optimismus im Subkontext mit.

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: Für wen macht ihr Musik?
Marten: Ich glaube, wenn man sich vorher ausdenkt, für wen man Musik macht, wird das nichts. In erster Linie ist es wichtig, etwas zu machen, woran man glaubt und was man selber sehr gerne mag. Solange es natürlich rüberkommt, ist es egal, für wen es ist.

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: In erster Linie ist es wahrscheinlich auch für euch selber. Wie ist es, in einem Moment im Apollo zu spielen und im anderen beim Hurricane oder Rock am Ring?
Marten: Letztendlich geht es uns ums Konzert…
Marco: Wir haben zum Beispiel gestern in einem Wohnzimmer vor 15 Leuten gespielt. Das hat jemand gewonnen und es war super. Es kommt echt überhaupt nicht darauf an, wie viele Leute da sind. Es ist natürlich total eindrucksvoll auf so einer großen Bühne wie bei Rock am Ring zu spielen, oder beim Southside, was wir letztes Jahr eröffnet haben. Da ist man schon wieder so nervös und überdreht, dass man die zwanzig Minuten, die man auftritt, überhaupt nicht mitschneiden kann.

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: Ihr sagt auf eurer eigenen Website, Rebellion treibt voran und verändert. Gegen was würdet ihr rebellieren?
Marten: Im Moment zeigt sich ja zum Beispiel, dass die Antiatomkraftbewegung endlich auch wieder Nährboden hat und sich so gut organisiert, wie schon seit Jahren nicht mehr. Aber Rebellion zieht sich durch sämtliche Lebensbereiche durch. Es gibt immer wieder Gründe, gegen die man rebellieren kann. Wenn einem Sachen wichtig sind und wenn man sieht, dass Sachen nicht so laufen, wie sie könnten, dann gibt es einen Grund zu rebellieren.
Marco: Wir sagen in unseren Texten nicht „Atomkraftwerke sind scheiße”, wir setzen da an einer anderen Stelle an. Es geht mehr darum, wieso jemand dazu kommt, etwas gut zu finden, oder wieso jemand dazu kommt, Nazi zu werden. Rebellion hat seine Ansätze bestimmt auch bereits viel früher, in der Erziehung, im Denken der Leute.
Marten: Ich denke auch, das ganz viele nicht in sich hinein hören, sondern sich stattdessen leiten lassen von irgendwelchen Bildern. Letztendlich sollte man auf sein Herz hören.

back view: Euer neues Album hat wieder viele Lieder mit Ohrwurmpotential, wie z.B. „New Horizons” und „My Heart Is On Fire”. Wie lasst ihr euch zu solchen Liedern inspirieren?
Hendrik: Bei mir ist es so, dass die meisten Texte, die ich schreibe, auch aus meinem privaten Leben kommen und meine Situation in dem Abschnitt meines Lebens wiederspiegeln. „My Heart Is On Fire” ist zum Beispiel auch ganz klar dazu da, mich selbst wieder zu motivieren. Ich reflektiere mich ganz stark selbst in den Texten.

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: Auf eurem neuen Album kann man viele Lieder mit Rebellion interpretieren wie z.B. „Dare The World” oder „The Rebel”, wie es der Name schon sagt. Was wolltet ihr mit dem Album und den darauf enthaltenden Songs vermitteln?
Marco: Es geht auf „The Element Rebellion” letztendlich darum, dass jeder in sich selbst reinhorchen soll und gucken soll, ob er nicht vielleicht den Rebellen, oder das Kind in sich entdeckt.
Marten: Und das jeder auch die Chance und das Potential hat, etwas zu ändern. Darum geht es, um das Element Rebellion, was jeder in sich trägt.
Hendrik: Ganz wichtig ist auch, keine vorgefertigten Wege zu gehen. Das ist meiner Meinung nach auch die Grundaussage, dass man seiner Leidenschaft folgen muss und nicht die ganze Zeit alles schluckt. Man muss immer sehen, worauf man selber Lust hat und diese Art von Rebellion ist eine Grundvoraussetzung für ein glückliches Leben.
Marco: Gerade wenn man sich in diesem Land umguckt, sieht man, dass auch die Musikindustrie mehr oder weniger am Boden liegt und ganz viel, was vorher kreativ war, weniger wird, was eine besorgniserregende Entwicklung ist, die immer in den Herzen und Köpfen der Menschen anfängt. Da geht es darum, entgegen zu steuern. Es müsste eigentlich mehr kreativen Output aus Deutschland geben, das war mal anders.

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: Ihr habt nun mit Bosse, den Donots, Itchy Poopzkid und vielen weiteren Bands die neue Single „Feel Again” vertont. Wie kam es zu diesen Kooperationen?
Hendrik: Insgesamt haben wir 24 verschiedene Videos mit Leuten gemacht, denen wir im Laufe der Jahre begegnet sind, mit denen wir etwas Tolles erlebt haben, die uns auf dieser Reise begleitet habe. Bosse haben wir vor sieben Jahre kennen gelernt, nach einem Auftritt auf einer Kegelbahn zusammen gefeiert und seitdem kennen und lieben wir uns. Mit Jan-Dirk von den Donots haben wir unser Album „Damn Right” aufgenommen. Das sind alles Leute, mit denen wir irgendeine Vergangenheit haben.
Marten: Und Freunde von uns.
Hendrik: Das war uns auch ein wichtiges Anliegen: dass man die Leute mal zusammen bringt, mit denen man Spaß hatte. Alle waren begeistert von der Idee.

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: Ihr singt in „New Horizons” davon, dass ihr euch zu neuen Horizonten aufmachen wollt. Inwiefern beschreibt das denn eure Entwicklung?
Hendrik: Auch wenn Marten das Lied nun geschrieben hat, interpretiert man jeden Song auch für sich selbst. Gerade als Roman (bis 2009 Gitarrist) ausgestiegen ist, hatte man eine Phase, in der man sich erst einmal wiederfinden musste. Vor dem letzten Album haben wir uns zunächst zusammengesetzt, um zu überlegen, wie wir das anpacken und das sind natürlich ganz neue Wege für uns gewesen. Musikalisch war das eine Neufindung, nicht vom Stil, aber davon, wie man die Band wieder aufbereitet. Auch menschlich gesehen fand da eine Entwicklung statt, was schön war.
Marco: Wenn man das verallgemeinern will geht es ganz stark darum, nach vorne zu gucken.
Marten: Und sich nicht an der Vergangenheit festzuklammern, sondern auch den Neuanfang wagen, „Reset” drücken und nicht immer jammern.

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: Wie kamt ihr auf die Idee, das Album unplugged zu spielen?
Hendrik: Die meisten Songs haben wir tatsächlich auf Akustikgitarren geschrieben. Die sind ruhig entstanden und wurden später von uns „laut gemacht”. Wir wussten also, dass Unplugged-Konzerte gut funktionieren würden und haben es dann irgendwann ausprobiert. Die Nachfrage war da und auch uns macht es extrem viel Spaß.
Marten: Wir müssen uns auch nicht so viel bewegen wie sonst…

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: Ihr seid nun mit zahlreichen Musikern aufgetreten, habt gerade durch „Feel Again” mit vielen kooperiert. Mit wem würdet ihr überhaupt gerne noch etwas machen?
Marten: Da gibts ganz viele. Mit Dave Grohl etwas zu machen wäre natürlich der Oberhammer.
Hendrik: Da Marten und ich aus der Punkrock-Ecke kommen, wäre Bad Religion ein Kindheitstraum, der wahr werden würde. Aber auch mit internationalen Größen wie Pink würde ich gerne was machen, wobei Pink niemand ist, bei dem man einfach so anklopft…
Marten: …doch, letztens gerade, ich soll schön grüßen.

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: Was hält One Fine Day zusammen, was macht euch aus?
Hendrik: Die Freundschaft. Wir haben uns kennen gelernt, bevor wir Musik gemacht haben abgehangen und kennen uns einfach.
Marten: Das Geld kann‘s nicht sein, also …
Hendrik: Nein, es ist wirklich ganz romantisch.

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: Ihr kommt nun aus dem Norden, habt ihr zu guter Letzt eine Message für die back view-Leser aus dem Süden?
Hendrik: Ja klar, also wenn wir nach München kommen, dann könnt ihr auch mal vorbeikommen. Und wenn irgendjemand Bock hat, da mit uns was aufzubauen, dann sind wir dabei.
Marten: Ich bin neidisch auf die ganzen kleinen Privatbrauereien… und ihr müsst in Bayern endlich mal die CSU abwählen.

(Interview und Foto: Ronja Heintzsch)

Ronja H.

Konstruktive Kritik in bitterscharfen Kommentaren üben, die Welt bereisen, auf aktuelle Problematiken hinweisen - all dies sind Gründe, aus denen Ronja beschloss, sich dem Metier Journalismus zu verpflichten. Schließlich gibt es noch einige unaufgedeckte Watergate-Affären in dieser Welt.

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