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“Ich will, dass sich die Menschen wohlfühlen”

Durch die Bundestagswahl 2009 hat das Parlament viele neue Gesichter dazubekommen. Eines davon trägt kurze, freche, blonde Haare und heißt Nadine Müller. Die gebürtige Saarländerin ist seit dem letzten Jahr mit ihren 26 Jahren die jüngste CDU/CSU-Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Mit back view spricht sie über ihr Leben als Politikerin, soziales Engagement und ihre Zukunft.
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Der Lebenslauf von Nadine Müller lässt nicht unbedingt auf eine politische Karriere schließen. Sie studierte Jura und ist offiziell Diplomjuristin. Ein Mandat im deutschen Bundestag war eigentlich nicht ihr primäres Ziel. Zwar war sie schon vor ihrem Bundestagsmandat Abgeordnete im Landtag von Saarland, doch bereits dieser Weg war nicht eingeplant. Als jedoch ihr Vorgänger 2009 aus persönlichen Gründen nicht mehr zur Wahl antreten konnte, entschloss sie sich, die ihr angebotene Kandidatur anzunehmen. Mit Erfolg.
mueller_nadinePrivat zeigt Nadine Müller viele Facetten – von der überzeugten Sportlerin bis hin zur gemütlichen Leseratte. Ganz so vielseitig wie in ihrem Musikgeschmack, der von Klassik bis Reggae reicht, kann sie in der Politik jedoch nicht sein.
Ihre Schwerpunkte legt sie derzeit zum einen auf die Familienpolitik und zum anderen auf die Wirtschaftspolitik mit Fokus auf Fachkräfte und Innovationen.

Trotz einer journalistischen Ausbildung und freier Mitarbeit bei einer Tageszeitung sagte sie dem Journalismus ab und landete im Bundestag. Doch Müller trauert dieser Entscheidung keineswegs nach, denn „im Prinzip ähneln sich die beiden Berufe sehr.
Man muss sich in viele verschiedene Themen einarbeiten, sich ein möglichst objektives Bild machen, dann aber auch eine Meinung bilden und womöglich Stellung beziehen.” Der entscheidende Unterschied sei jedoch der, dass man „als Politiker aktiv gestalten kann”. Und genau das will die ehrgeizige Powerfrau; „gestalten, helfen und Dinge verändern!”

nadine_muellerback view: Fühlen Sie sich als jüngste CDU/CSU-Abgeordnete im Bundestag ganz besonders für die Durchsetzung der Interessen der jungen Generation verantwortlich?
Nadine Müller: Natürlich habe ich mit 26 die Perspektive eines jungen Menschen auf die Themen der Politik. Genau wie jeder andere bringe ich erst mal meinen Erfahrungsschatz in eine Diskussion mit ein. Da spielt das Alter eine Rolle, aber auch Herkunft, Beruf und Erfahrungen. Ich sehe aber die Aufgabe der Abgeordneten darin, bei allen Themen und Entscheidungen immer das Ganze und die Interessen aller im Auge zu behalten.
Deshalb ist es wichtig, sich gut in Themen einzuarbeiten, sich zu informieren und verschiedene Sichtweisen kennenzulernen. Erst dann kann man vernünftig entscheiden. Und gerade als direkt gewählte Abgeordnete ist man den Interessen aller Bürger im Wahlkreis verantwortlich. Dennoch müssen gerade wir Junge schon auch darauf achten, dass die Themen der jungen Generation auf die Agenda gesetzt werden und deren Interessen gewahrt werden.

Haben Sie manchmal das Gefühl, aufgrund Ihres Alters nicht ganz ernst genommen zu werden? Wie reagieren ältere, „erfahrenere” Politiker auf jungen Nachwuchs?
Ich bin in der Fraktion von meinen Kollegen sehr herzlich aufgenommen worden. Das Alter spielte da keine Rolle. Auch hier zählt das Miteinander. Ich fühle mich ernst genommen, habe aber umgekehrt auch keine Scheu, erfahrenere Kollegen um Rat und Hilfe zu fragen.

Was wollen Sie bewegen oder vielleicht sogar besser machen als andere?
Ich will mithelfen, dass die Menschen sich in unserem Land wohlfühlen. Das heißt: Ich will dass Deutschland das Land der Möglichkeiten ist mit fairen Chancen für alle, ich will dass Deutschland ein familienfreundliches Land ist, in dem junge Menschen Lust auf Familie haben und ich will, dass Deutschland das Land der Ideen und der innovativen Produkte ist, damit wir auch in Zukunft gute und gut bezahlte Arbeitsplätze haben und unseren Wohlstand sichern können. Dafür brauchen wir meiner Meinung nach mehr Miteinander zwischen den Generationen, zwischen gesellschaftlichen Gruppierungen und auch zwischen Parteien. Mehr Dialog und mehr Kompromisse, das ist mein Ansatz in der Politik.

Was ist Ihre Vision für die Zukunft? Wo sehen Sie sich in 20 Jahren?
Privat will ich in 20 Jahren eine Familie und – dann ja schon recht große – Kinder haben. Beruflich bin ich zur Zeit sehr zufrieden mit dem, was ist. Jetzt will ich erst einmal die Arbeit im Bundestag kennenlernen und hier einen guten Job machen.

„In der Jugend liegt unsre Zukunft”, wie es so schön heißt. Wie versuchen Sie andere junge Menschen für Politik zu begeistern?
Ich versuche zu vermitteln, dass es Spaß macht, sich zu engagieren. Gerade im kommunalen Bereich kann man mit etwas Engagement sehr viel erreichen, für sich und andere. Für die Bundes- und Landespolitik versuche ich zu interessieren, indem ich in Schulen, Jugendclubs und zu Veranstaltungen gehe, wo die Jugendlichen mit mir diskutieren können. Dann ist Politik plötzlich nicht mehr das von „denen da oben”, sondern hat ein Gesicht. Oft ist damit schon Interesse geweckt. Und ich ermuntere Schulen dazu, ihre Klassenfahrten in die Bundeshauptstadt zu machen und auch den Bundestag, Bundesrat oder andere Verfassungsorgane zu besuchen. Wenn man mal etwas gesehen hat, verliert es seine Distanz und weckt Interesse.

Sie engagierten sich in zahlreichen Vereinen, wie in einem Kinderschutzbund oder einem Förderverein eines Seniorenheims. Wie wichtig ist ehrenamtlichen Engagement in unserer Gesellschaft?
Sehr wichtig. Ohne ehrenamtliches Engagement könnte unsere Gesellschaft nicht existieren. Denken Sie nur daran, in wie viel unterschiedlichen Bereichen ehrenamtlich gearbeitet wird. Ich finde es ganz wichtig, dass Menschen sich gegenseitig helfen und sich einsetzen für andere oder für bestimmte Dinge wie Umwelt, Natur, Kultur, Sport etc. Ohne das ehrenamtliche Engagement Vieler wären wir alle um Einiges ärmer. Deshalb müssen wir das ehrenamtliche Engagement unterstützen.

In der Initiative „Sicherer Landkreis St. Wendel” setzten Sie sich für „Sicherheit im Internet” und  gleichzeitig für „Sicherheit für Senioren” ein. Sind für Sie „junge” Themen genauso wichtig wie Punkte, die zur Zeit die ältere Generation betreffen?
Mein Verein, die „Initiative Sicherer Landkreis St. Wendel e.V.”, beschäftigt sich mit allen Themen im Bereich Sicherheit und Sauberkeit vor Ort in den Gemeinden unseres Kreises. Das Thema Sicherheit betrifft alle, aber in unterschiedlichen Facetten. Während Kinder und Jugendliche sich mit den Gefahren des Internets auskennen müssen, sollten Oma und Opa die Haustürtricks kennen, mit denen ihnen Geld aus der Tasche gezogen wird. Das Thema „sicherer Schulweg” kann in der Stadt ein Riesenproblem sein,  in ländlichen Regionen womöglich überhaupt kein Thema. Wir wollen als Verein die kleinen Probleme vor Ort ausfindig machen und mit Aktionen, Information und direkter Unterstützung helfen. Das ist sehr vielfältig und macht deshalb auch sehr viel Spaß.

Junge Wilde Teil 1:
Niema Movassat, jüngster Bundestagsabgeordneter der Linksfraktion
Junge Wilde Teil 2:
Daniela Kolbe, jüngste Bundestagsabgeordneter der SPD
Junge Wilde Teil 3:
Florian Bernschneider, der jüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestages (FDP)
Junge Wilde Teil 4:
Nadine Müller, die jüngste Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Junge Wilde Teil 5:
Nadine Agnes Malczak, die jüngste Abgeordnete der GRÜNEN-Bundestagsfraktion

(Text: Julia Jung / Zeichnung: Christina Koormann / Foto: Nadine Müller)

Julia J.

Hauptberuflich ist Julia Weltenbummlerin, nebenberuflich studiert sie Politik. Wenn sie nicht gerade durch Australien, Neuseeland, Südafrika oder Hongkong reist, schreibt sie ein paar Zeilen für back view und das schon seit 2009.

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