Phantasie zu Papier, Phantasie zum Publikum
CD-Rezension: âProjekt Seerosenteich“ von Philipp Poisel
Auf seiner Tour âProjekt Seerosenteich“ schlug Philipp Poisel noch sanftere Töne an als ohnehin schon – und lĂ€sst seine Fans nun auf dem Live-Mitschnitt eines Konzertes daran teilhaben. Doch brauchen diese wirklich noch einmal die altbekannten Lieder in neuem Gewand auf CD, oder wollen sie nicht vielmehr etwas Neues?
Zugegeben, Philipp Poisel legte 2008 mit âWo fĂ€ngt dein Himmel an?“ und mit âBis nach Toulouse“ (2010) einen vorbildlichen Start im Musikbusiness hin. Zahlreiche Lieder, die das Publikum berĂŒhrten, lieĂen den 29-JĂ€hrigen schnell zu einem Insidertipp avancieren. Ausverkaufte Konzerte und diverse Festivals wie die Gamescom in Köln folgten 2011.
Zu gröĂerer PopularitĂ€t verhalf ihm letztes Jahr der Film âWhat A Man“, zu dem Poisel seinen Song âEiserner Steg“ beisteuerte. Und fast lĂ€sst sich sagen: Sobald Poisels Stimme eine tragische Szene im Film oder Fernsehen untermalte, stieg jener Song kometenhaft in den Charts auf – was nicht weiter verwunderlich ist.
Doch nach all jenem Rummel 2011 trieb es den KĂŒnstler zurĂŒck zu seinen Wurzeln. Eine kleine BĂŒhne, viel persönlicher, viel intimer als vor einem Festival-Publikum zu spielen. Er wollte zurĂŒck zu jenen magischen Momenten, die in seinem Lied âSeerosenteich“ beschrieben werden: Zwei Verliebte in einem verschneiten Zoo am Seerosenteich, die Kapuzen zugezogen.Poisel mietete sich in einer Tischlerei ein und begann, fĂŒr jeden seiner Songs BĂŒhnenbilder zu schreinern. Die Idee, alles auf Anfang zu drehen, war geboren. Das Ergebnis dessen durfte sich wĂ€hrend der Tour sehen lassen: bemalte Kulissen, neue Arrangements, Theater, kleine ZirkuskunststĂŒcke in den Umbaupausen und traumtĂ€nzelnde Ballerinen schmĂŒckten das âProjekt Seerosenteich“.
Sobald die Tage wieder dunkler werden ist dieses Live-Album schon beinahe prĂ€destiniert fĂŒr gemĂŒtliche Abende vor dem Kamin. Poisel inszeniert seine StĂŒcke deutlich langsamer als man sie kennt, verleiht jedem Wort damit Nachdruck. Gleichzeitig hadert der Zuhörer nach wie vor mit Poisels Art, manche Wörter bis aufs unkenntlichste zu verschlucken.
Zaghafte Gitarren und ein vierköpfiges Streicherquartett begleiten Poisel auf seiner Traumreise. Eine kleine Perle zwischen âZĂŒnde Alle Feuer“ und âWo fĂ€ngt dein Himmel an“ ist sicherlich âIm Garten von Gettis“. Zusammen mit SĂ€ngerin Alin Coen und einigen Trommeln inszeniert Poisel ein karibisches Flair, das spontan begeistert. Wo Gettis liegt? Das bleibt so schön rĂ€tselhaft, wie es gemeint war.
Genauso malerisch kommt auch âHalt Mich“ daher, das die Vorlage fĂŒr das Cover der CD bildet. âDie Eisenbahn fĂ€hrt durch unbekanntes Land, vorbei an goldânen Feldern, tiefen FlĂŒssen und zum Strand“. Auch der namensgebende âSeerosenteich“ macht seinem Status als Poisels insgeheimes Lieblingslied alle Ehre und bringt das Publikum in einer Textzeile zu einem herzlichen Lachen.Dank Poisel dĂŒrfen nun all jene, die nicht in den Genuss eines der ausgewĂ€hlten Konzerte kamen, in die intime AtmosphĂ€re eintauchen, die das âProjekt Seerosenteich“ schafft: schön, unaufregend und romantisch.
Doch all dies ist auf dem Live-Album selbstverstĂ€ndlich nicht zu sehen, bleibt nur vorstellbar. Wer nicht noch einmal âPoisel in langsamer und noch emotionaler“ hören möchte, sollte sich den DVD-Mitschnitt des Konzertes im Circus Krone MĂŒnchen kaufen, der deutlich bildkrĂ€ftiger sein dĂŒrfte.
(Text: Ronja Heintzsch / Fotos: Christoph Koestlin, ADD ON Music)
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