Fußball

Mister Kommerz

In der Vergangenheit war in der Bundesliga viel über Fanausschreitungen und bengalische Feuer berichtet worden. Reihum wurden Vereine zu Geldstrafen verdonnert. Nun hat Martin Kind von Hannover 96 eine tolle Idee, es ist jedoch nicht sein erster Einfall, der strittig ist.


Die Fans sollten doch die Geldstrafen für die Vereine mittragen, so ließ Martin Kind diese Woche verlautbaren. Der Klubboss von H96 möchte dabei die Preise in den entsprechenden, auffälligen Blöcken erhöhen. Damit soll der Zugang zu den Spielen erschwert werden und so sollen die Delikte zurückgehen.

Doch irgendwie geht diese Art der Gegenoffensive in die falsche Richtung. Ticketpreise zu erhöhen, das würde einer allgemeinen Verurteilung der Fans in den „Ultra”-Blöcken gleichkommen. Die Mehrheit müsste unter gestiegenen Preisen leiden.

Rückgang der Gewalt in deutschen Stadien
Zudem würde ein solcher Schritt eine grundsätzliche Entspannung zwischen Fans, Vereinen und Polizei zusätzlich torpedieren. Die Mehrheit der Fans in den Stadien gehört keiner Verbrechergruppe an, auch wenn gerne in den Medien das Gegenteil lanciert wird.

Die 11Freunde gehen in der neuen Ausgabe #120 auf einen Rückgang der Gewaltakte in den deutschen Fußballstadien ein. Neue Ideen, Entspannung zwischen Fans und Polizei könnten daraus resultieren. Mit einer Preiserhöhung würde die ohnehin schon galoppierende Kommerzialisierung des Fußballs weiter forciert, es käme vielmehr einer Eskalation zwischen Anhängern, Ordnungshütern und Vereinen gleich.

Martin Kind und seine fragwürdigen Ideen
Doch Martin Kind ist für fragwürdige Ideen bekannt. Wie ein Priester in der sonntäglichen Messe predigt er die Aufhebung der 50+1-Regelung in Deutschland. Diese verbietet (noch) die komplette Übernahme eines Fußballvereins durch einen Investor.

Schon 2009 erklärte der Inhaber eines Hörgeräte-Unternehmens gegenüber den 11Freunden, dass „Vereine Unternehmen sind”. Eine Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft ist für ihn notwendig, um effizient und ökonomisch zu arbeiten. Der Fußballverein als Firma, die ehemalige Volkspassion als Wirtschaftsunternehmen.

Lieber Kunden als Fans?
Was in England zur Tagesordnung gehört und am Beispiel Manchester United glorreich gescheitert war, soll für Kind auch in Deutschland möglich sein. In Manchester übernahm der Amerikaner Malcom Glazer ManU und wälzte über den Verein Schulden von circa 1 Milliarde Euro ab. Die Schattenseite des Kommerzes offenbarte sich hier.

Und in den deutschen Stadien ist die Ablehnung gegen eine Aufhebung von 50+1 massiv. Fans fragen sich, inwiefern die Vereine noch Fußballmannschaften sind und inwiefern sie reine Unternehmen sind, die sich lieber Kunden als Fans wünschen. Martin Kind treibt diese Diskussion und damit auch die wachsende gegenseitige Ablehnung voran.

Kind und die Steuerpolitik
Der Mister Kommerz der Bundesliga mokierte sich in der BILD einmal, der Staat sei „ein Straßenräuber”. Grund war eine Steuernachzahlung der Hannoveraner in Höhe von einer Million Euro wegen unversteuerter VIP-Karten.

Dass er aber auch anders kann, zeigt seine Einsicht in Sachen Steuerpolitik. Er würde freiwillig schon mehr Steuern zahlen. Die Großverdiener sollten erheblich belastet werden, sofern diese Gelder zur Schuldentilgung und damit – wie immer versprochen – für die nachkommende Generation verwendet würden.

Es bleibt spannend, welche Idee Kind demnächst aus dem Hut zaubern wird. Sicher scheint nur, dass Kind und der Kommerz wie Brüder vereint sind und damit stets auch auf eine breite Ablehnung in der Fußballanhängerschaft stoßen werden. Doch nach einer Idee kann man die Uhr stellen: Die 50+1-Regel, die wird Kind sicherlich in absehbarer Zukunft wiedermal anfechten.

(Text: Jerome Kirschbaum)

Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

Schreibe einen Kommentar