Westen

Die Franzosen essen nur Schnecken und Frösche

teaser_madrid_kleinSchnecken, Frösche, Wein und Käse – es gibt nichts, was typischer ist für Frankreich als solche Gerichte. Ob die Franzosen wirklich nichts anderes essen, untersucht back view-Redakteurin Merete Elias in dieser Folge ihres Tagebuchs aus Lyon.
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Wer irgendwann schon einmal nach Frankreich gefahren ist, kennt diesen Kommentar: „Aber da gibt’s doch nur Schnecken und Frösche zu essen!” Vielleicht kommen auch noch Baguette und Käse dazu – das Essen ist wirklich ein tief sitzendes Vorurteil.

Mein Eindruck ist, dass die Franzosen ihrem Essen generell einen größeren Stellenwert einräumen als die Deutschen. Das fängt schon beim Einkauf an: Während der Anteil des Einkommens, den die Europäer für Lebensmittel ausgeben, in Deutschland mit elf Prozent auf einem historisch niedrigen Stand ist, legen die Franzosen immerhin noch zwei bis drei Prozent mehr auf den Tisch. Zum einen fehlt der Preiskampf, den sich in Deutschland die großen Discounter-Ketten liefern, zum anderen wird vom Essen auch eine höhere Qualität erwartet. Vor allem die Fleisch- und Käsetheken sind schon in den Supermärkten unglaublich vielfältig bestückt, und daneben gibt es noch zahlreiche kleine Käsegeschäfte und private Metzgereien.

Auch für ihre Mahlzeiten nehmen sich die Franzosen Zeit: Eine zweistündige Mittagspause ist in Unternehmen normal und in der Universität auch die Regel. Abends wird erst spät gegessen und dann auch gern noch gekocht – mein Butterbrot mit Käse erntet da eher Unverständnis. Geht man in ein Restaurant, ist das oft eine abendfüllende Veranstaltung: Da die Portionen nicht so groß sind, nimmt man Vorspeise, Hauptgericht und ein Dessert und oft hinterher noch einen Kaffee. Anschließend bleibt man noch sitzen und unterhält sich bei französischem Wein, der mindestens ebenso wichtig und selbstverständlich ist wie das Essen an sich. Die französischen Desserts sind ein Gedicht – ein deutscher Schokoladenpudding kann eben nicht mit einem echten Fondant oder Mousse au chocolat konkurrieren! Viele Restaurants bieten auch nur vier oder fünf Gerichte, die sich dann je nach Saison und Laune des Kochs verändern.

So gern die Franzosen mittags und abends essen: Große Frühstücker sind sie nicht. Das Klischee von Croissant und Baguette mit Milchkaffee beschränkt sich eher auf die Wochenenden, in der Woche gibt es oft Weißbrot oder inzwischen auch Müsli. So bleibt noch Platz für die wichtigen Mahlzeiten des Tages.
Dieses bewusstere Essverhalten scheint sich auszuzahlen: Laut einer Studie sind 42 Prozent der Deutschen übergewichtig, jedoch nur 28 Prozent der Franzosen. Der Marktanteil für Tiefkühlpizzen liegt in Deutschland bei 38, in Frankreich bei zehn Prozent. Ob das daran liegt, dass hier Froschschenkel und Schnecken bevorzugt werden?
In der Tat verspeisen die Einwohner unseres Nachbarlandes zur Vorspeise jährlich rund 150 Millionen Froschschenkel und circa 500 Millionen Schnecken. Aber bei einem so großen Alternativangebot muss man die ja nicht essen.

(Text: Merete Elias / Foto: Henni16 by jugendfotos.de)

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