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Lieber Weihnachtsmann, liebes Christkind,

Jedes Jahr wird es schlimmer, jedes Jahr wird es hektischer. Die ach so besinnliche Weihnachtszeit wird immer mehr zum stressigen Geschenke-Marathon. Früher war alles besser, hat die back view-Mitarbeiterin Silke Glossmann festgestellt und einen Brief an den Weihnachtsmann und das Christkind geschrieben.
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Lieber Weihnachtsmann, liebes Christkind,

Was ist aus der besinnlichen Weihnachtszeit geworden?
»Heil’ge Nacht, lichtentfacht
Stand der Baum im Kerzenschein,
Hoch voll Lust schlug die Brust,
Wenn der Sang still verklang,
Und die Mutter rief: “Herein!”«

briefMehr und mehr verfliegen die Traditionen. Vorbei ist die Zeit, in der fleißig Gedichte und Weihnachtslieder auswendig gelernt wurden, um Euch vorm heimischen Weihnachtsbaum eine Freude zu machen. Auch die mit viel Liebe und mühevoll geschriebenen Wunschzettel an Euch sind Vergangenheit. Statt handschriftlichen Briefen gibt es heute nur noch eine kurze E-Mail. Statt Puppe und Holzeisenbahn bekommen die lieben Kleinen heute Videospiele mit Alien-Vernichtungssystem oder einen H&M-Gutschein sowie Süßigkeiten on mass.

Jahr für Jahr artet der Geschenkekauf in Stress aus, alles muss so schnell wie möglich gehen. Und am besten auch  so preiswert wie möglich. Mal eben schnell per Mausklick im Internet was Kleines für die Mutti rausgesucht. Dasselbe könnte ja auch der Oma gefallen – also gleich zweimal bestellen. Individuelle Geschenke gibt’s immer seltener. Stellt Euch vor, bereits 80 Prozent der Internetnutzer kaufen ihre Geschenke im WorldWideWeb. „Last-Minute-Weihnachtsgeschenke” oder Präsente, an denen dann ohnehin keiner Freude hat, die dann umgetauscht oder zurückgegeben werden müssen, werden immer häufiger verschenkt. Unser Weihnachtsfest hat sich immer mehr zur Hetze und zum Fest der Unzufriedenheit entwickelt.

Weihnachtsnaschereien stehen schon im September in den Regalen, Plätzchen kauft man fertig ausgestochen und glasiert im Supermarkt. Hier und da macht sich noch einer die Mühe und versucht es mit der Fertigbackmischung, die man nur noch kneten muss. Weihnachtsmärkte sind längst voll von Schieß- und Tombolaständen, direkt daneben ein Häuschen mit chinesischem Essen. In den Kaufhäusern wimmelt es von Menschen. Ihr werdet es nicht glauben, an den Adventssonntagen ist teilweise bis 20 Uhr geöffnet. Vielerorts wird bis zum 24. Dezember gearbeitet – im 3-Schicht-Sytem – auch am Samstag.
Und selbst an den Feiertagen werden dann schnellstmöglich die Pflichtbesuche bei den Verwandten über die Bühne gebracht und danach geht’s ab in den Urlaub. Irgendwo in den warmen Süden, ohne Schnee und Weihnachtsstimmung, dafür aber mit 25°C Wassertemperatur.

Der Gedanke an Weihnachten, der Grund, warum wir dies feiern, rückt immer mehr in den Hintergrund.
Darum hier nun mein Wunsch an Euch liebes Christkind, lieber Weihnachtsmann,
Ich möchte Weihnachten mit meiner Familie verbringen, sie mit liebevoll ausgesuchten Geschenken erfreuen und dabei selbstgebackene Kekse essen. Ohne Stress, ohne Hektik.

Das wünsch ich mir auch für alle anderen Menschen. Denn viel wertvoller als materielle Dinge ist Zeit. Zeit für sich, Zeit zur Ruhe zu kommen, Zeit mit den liebsten Menschen zu verbringen.

Mit lieben Grüßen

Silke

Hinweis der Redaktion: Falls jemand einen eigenen Brief an das Christkind schicken will – die offizielle Büroanschrift lautet:
An das Christkind
51777 Engelskirchen

(Text: Silke Glossmann / Foto: Susanne Böck by jugendfotos.de)

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