Kunst oder Kommerz?
Kulturecke: CD-Rezension zu âMylo Xyloto“
Drei Jahre nach ihrem Nummer-1-Album âViva la Vida or Death and All His Friends“ sind Coldplay wieder da: noch poppiger und noch bunter. Auf âMylo Xyloto“ haben sie das Rad vielleicht nicht neu erfunden, liefern jedoch definitiv eines der Alben des Jahres ab.
Die vier Jungs von Coldplay scheinen einen Hang zu den vorletzten Buchstaben des Alphabets zu haben. Betitelten sie ihr drittes Studioalbum noch relativ simpel mit âX & Y“, so stricken sie um diese zwei Buchstaben nun den Titel ihres fĂŒnften Albums, âMylo Xyloto“. Was das heiĂen soll weiĂ man genauso wenig wie damals. Millions of Xylophons vielleicht? Ein japanisches Rennrad?
Coldplay selbst erklĂ€rten dem âMusikexpress“ gegenĂŒber einen Begriff ausgewĂ€hlt zu haben, den man bei Google eingegeben und nicht hatte finden können. Nun spuckt die Suchmaschine 37.300.000 Ergebnisse zu Mylo Xyloto aus.Das Album trumpft wieder mit seinem Hang zu hymnenartigen Songs auf. Neben der ersten Singleauskopplung âEvery Teardrop Is a Waterfall“ haben âHurts like Heaven“, âParadise“, âCharlie Brown“ und âPrincess of China“ alle das Zeug zum No.1-Hit.
Der Band gelingt das KunststĂŒck sich mit jedem Album noch ein StĂŒck weiter zu entwickeln, wĂ€hrend andere Bands irgendwann auf der Stelle stehen bleiben. Fast schon episch muten nun die breiten StreicherklĂ€nge, die den StĂŒcken Tragweite verleihen, an.
Nicht nur Streicher, sondern auch Basslastigkeit, Synthesizer und ein virtuos gespieltes Schlagzeug mit neuen Rhythmen geben dem Album Charakter. Charakter erhĂ€lt âMylo Xyloto“ auch dadurch, dass ein Song wie âEvery Teardrop Is a Waterfall“ durchaus mit der Vaterrolle Chris Martins verbunden werden kann. SchlieĂlich ist fĂŒr seine Kinder Apple und Moses wohl auch jede TrĂ€ne ein Wasserfall.
Nach âLovers in Japan“ (2008) greifen Coldplay mit âPrincess of China“ wieder ihre AffinitĂ€t zu Asiatischem auf. Den Gitarren haftet etwas Exotisches an, wĂ€hrend Rihanna und Chris Martin sich sĂ€ngerisch sehr gut ergĂ€nzen. Allerdings stellt sich bei einer Kollaboration mit Rihanna erneut die Frage, inwieweit âMylo Xyloto“ wohl auf Kommerz abzielen will.
Segen oder Fluch?
Fragt sich da manch einer, denn man könnte Coldplay bei so viel eingĂ€ngigen Liedern beinahe Kommerz vorwerfen. Doch gestern wie heute machen Pop-Bands Musik fĂŒr die Massen. Da verzeiht man die leichte Verwechselbarkeit von âParadise“ und âPrincess of China“ gerne. âMylo Xyloto“ ist das Superlativ aller Alben Coldplays. Da bleibt nur zu hoffen, dass sie eines Tages noch ein Album draufsetzen können.
(Text: Ronja Heintzsch)
  Artikel drucken (PDF)
Schreibe einen neuen Kommentar
You must be logged in to post a comment.