Stay Close – Wie man sich nicht aus den Augen verliert
Abenteuer Australien, Julias Tagebuch, Teil III

Morgens halb zehn in Deutschland: Julia geht ins Bett. Denn dann ist es bei mir halb acht abends und ich sitze wohl gerade noch mit meiner Gastfamilie beim Dinner. Ich befinde mich zur Zeit in Australien und bin meinen Lieben zehn Stunden voraus. Ich lebe quasi in der Zukunft. Doch wie hÀlt man den engen Kontakt bei so viel Entfernung? Zerbrechen Beziehungen an der Distanz?
Aus den Augen, aus dem Sinn?
In Fernbeziehungen war ich schon geĂŒbt. Meinen Partner sah ich schon in Deutschland nur am Wochenende und bevor ich nach Australien aufbrach, verbrachte er erst einmal drei Monate in Amerika. Kein Problem also, Ăbung macht den Meister. Doch nun stand ich vor einer neuen Herausforderung. Mindestens sechs Monate oder lĂ€nger bin ich weg. Nicht nur meinen Partner, sondern all meine Freunde und meine Familie sehe ich wĂ€hrend dieser Zeit nicht.
Eine meiner gröĂten Sorgen war es, den Kontakt zu den Daheimgebliebenen nicht halten zu können und sich völlig in der neuen Welt zu verlieren. Alles Quatsch. Es ist zwar nicht einfach, aber nach vier Monaten Abwesenheit kann ich eine recht positive Bilanz ziehen.
Keep in touch
Wichtigste UnterstĂŒtzer sind hierbei Skype und Facebook. Sieht und hört man den anderen per Videotelefonie fĂŒhlt man sich fast wie zu Hause. Man kann sich zwar nicht berĂŒhren, bekommt jedoch trotzdem alles hautnah mit. So vergehen Stunden, in denen man erzĂ€hlt, oder sich auch mal nur gedankenverloren anschweigt und nebenher arbeitet. Hauptsache der andere ist da.
Die Technik macht’s
Mit Hilfe sozialer Netzwerke wie Facebook wird die Informationsmitteilung schnell zur Massenabfertigung. Einen Status gepostet und schon wissen 250 âFreunde“, dass man gerade ein KĂ€nguru gefĂŒttert hat. Eine etwas persönlichere Lösung habe ich da fĂŒr meine engeren Freunde gefunden. In einer Rundmail schreiben wir uns gegenseitig von unseren Erlebnissen. Das ist einfach und praktisch. Denn anstatt jedem dieselbe Geschichte einzeln zu erzĂ€hlen, wird sie gleich in einen groĂen Gemeinschaftstopf geworfen, zu dem dann jeder seinen Senf hinzufĂŒgen kann. Dabei kommen meist witzige Wortwechsel heraus und erinnern ein wenig an den gemeinsamen, realen Tratsch im CafĂ©.
Disziplin, bitte!
Um den sonst von Angesicht zu Angesicht gehaltenen Smalltalk auszufĂŒhren, reicht ein kurzer Chat mit den Liebsten. So ist man jeden Tag bestens ĂŒber die Ereignisse informiert und teilt sich zudem selbst mit. NatĂŒrlich hat die ganze Sache auch einen Haken. Und dieser nennt sich Disziplin. Auch wenn es lĂ€cherlich klingt, aber ab und zu muss man sich schon selbst ermahnen, den Kontakt nicht abschweifen zu lassen. Denn wenn sich abends die MĂŒdigkeit einschleicht, verschiebt man die Antwortmail doch auf den nĂ€chsten Tag. Und dann auf den ĂŒbernĂ€chsten. Und dann auf die nĂ€chste Woche…
Tired of Technology?
Zeit ist eben selbst als Aupair ab und zu Mangelware und die Zeitverschiebung macht das nicht gerade leichter. Doch wenn man sich einigermaĂen MĂŒhe gibt, klappt das durchaus. âAus den Augen, aus dem Sinn“ muss daher nicht zutreffen. VerĂ€nderungen, die auf beiden Seiten entstehen wĂ€hrend man weg ist, kann man nicht aufhalten. Aber man kann versuchen, andere daran teilhaben zu lassen.
Auch wenn ein guter alter Brief oder eine nette Postkarte nie verkehrt sind, bin ich vor allem der Technik unendlich dankbar, dass sie mir eine unkomplizierte Möglichkeit bietet, den Kontakt zu halten. âTired of Technology“ wird man jedoch sicher irgendwann. Denn eine richtige Umarmung oder ein guter Abend mit den MĂ€dels kann eben auch die moderne DatenĂŒbertragung nicht ersetzen. Doch das wird spĂ€testens beim nĂ€chsten Wiedersehen nachgeholt. Bis dahin gilt fĂŒr mich: Stay close.
(Text: Julia Jung / Foto:Laura Schlepper by jugendfotos.de)
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