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God jul og godt nyttår!

Die Advents- und Weihnachtszeit in Skandinavien ist geprägt von vielen Traditionen, auf die noch heute großen Wert gelegt wird. Denn in Norwegen beginnen schon lange vor Heiligabend die Vorbereitungen für den großen Festtag.

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Die „juletid” – Weihnachtszeit – beginnt meist schon vor dem 1. Dezember. Bereits im November finden die ersten „julebord”, worunter die Deutschen eine Weihnachtsfeier verstehen würden, statt. Firmen und Vereine laden zum Weihnachtsbuffet. Da Alkohol und Restaurantbesuche in Norwegen sehr teuer sind, kennen viele ihre Grenzen nicht und genießen etwas zu ausgiebig. Was eigenartige Folgen mit sich bringt: Die Scheidungsraten und die Zahl der Entlassungen sind in dieser Zeit überdurchschnittlich hoch.
fjell17.jpgDer 13. Dezember ist der Tag der Heiligen Lucia. Das Lucia-Fest stammt eigentlich aus Schweden, wird heute aber auch in Norwegen gefeiert. Kinder ziehen sich weiß und silber an und gehen im Kindergarten und in der Schule mit Kerzen auf die Straßen. Dabei singen sie Lucia-Lieder und essen „Lussekatter” – Gebäck.

Wie auch in Deutschland haben norwegische Kinder in der Regel einen Adventskalender. Manchmal besteht er aus einer Orange, die 24 Nelken enthält. Viel öfter jedoch verstecken sich hinter den Türchen Schokolade oder kleine Spielsachen. In der Adventszeit ist es außerdem Tradition, sieben Sorten Weihnachtsplätzchen zu backen. Darunter befindet sich auch der „Julekaker”, eine Art Christstollen. Auch das „pepperkakehus”, Pfefferkuchenhaus, gehört zu einem norwegischen Weihnachtsfest. Dafür backt jede Familie ein Haus aus Pfefferkuchenteig und klebt es mit Karamell zusammen. Verziert mit Smarties, Gummibärchen und anderen Süßigkeiten, steht es meist bis lange nach Weihnachten, ehe es mit dem Hammer zerschlagen wird. Inzwischen haben viele Kinder nicht mehr einfach nur eine eigene Kreation, sondern bauen Häuser aus bekannten Fernsehserien, wie etwa das Haus des Mummitrollet, nach.

Ähnlich dem Glühwein wird in Norwegen „gløgg” getrunken. Die Straßen, Häuser und Geschäfte werden weihnachtlich geschmückt und überall brennen bunte Lichter. Im Laufe der Zeit hat man einige Sitten aus Deutschland übernommen, zum Beispiel das Aufstellen des Weihnachtsbaumes. Im Osloer Stadtgebiet gibt es seit kurzem sogar Weihnachtsmärkte. Doch als typisch norwegisch kann man diese nicht bezeichnen.
Die erste richtige Weihnachtstimmung kommt am 23. Dezember, dem „lille juleaften”, auf. Am Morgen wird der Tannenbaum in die Wohnung gestellt, am Abend – in der Regel von den Eltern – geschmückt. Neben den Christbaumkugeln, Lametta und Kerzen ist es üblich norwegische Fahnengirlanden an den Baum zu hängen. Traditionell zeigt das norwegische Fernsehen am Abend „Grevinnen og Hovmesteren” („Dinner for one”).

norwegenwHeiligabend ist der Höhepunkt der Feiertage. Wer bis dorthin seine Wohnung nicht auf Vordermann gebracht hat, wird der Legende nach von der „Åsgårsreia” mitgenommen. Am Mittag des 24. Dezember gibt es normalerweise „grøt”, Milchreis mit Butter, Zucker und Zimt. Im Milchreis ist eine gepellte Mandel versteckt, die aufgrund der weißen Farbe nicht zu sehen ist. Wer die Mandel in seinem Teller findet, bekommt als Belohnung ein Marzipanschwein. Viele Familien folgen einer Tradition und stellen vor dem Essen eine Schüssel „grøt” für den „nisse”, den Weihnachtswichtel, vor die Tür. „Nisse” wohnt nach Sagen in der Scheune und ist schnell verärgert, wenn er nicht ordentlich umsorgt wird.

Um 17 Uhr läuten die Glocken die Weihnachtszeit offiziell ein. Norwegische Familien gehen gemeinsam zum Gottesdienst. Danach zeigt das öffentlich-rechtliche Fernsehen NRK, wie die „Sølvguttene”, ein Knabenchor, singen. Anschließend nimmt die Familie zusammen das Abendessen ein. Je nach Region gibt es unterschiedliche Gerichte, jedoch ist das Essen überall sehr reichlich. Typische Speisen sind Schweinerippchen, Lammrippe am Spieß, Kabeljau oder Hammel in Kohl. Zum Nachtisch gibt es Sahnemilchreis. Dazu wird Schnaps und Wasser getrunken. Außerdem gibt es „juleøl”, Weihnachtsbier. „Juleøl” wird nur in der Vorweihnachtszeit gebraut und ist ausschließlich in der Zeit vor Weihnachten zu erwerben. Kinder trinken „julebrus”, eine rote Limonade, die es ebenfalls nur in der Weihnachtszeit gibt.

cimg2006_bildgre_ndern.jpgNach dem Festessen nimmt sich die Familie an die Hand und tanzt um den Weihnachtsbaum. Wenn nicht genügend Personen vorhanden sind, werden auch Puppen und Plüschtiere mit in den Kreis genommen. Dabei singt man Weihnachtslieder wie „glade jul” (frohe Weihnachten), „deilig er jorden” (Die Erde ist schön) oder „du grønne glitrende tre god dag” (Guten Tag, du grüner glänzender Baum). Nach dem Tanz kommt der „Julenisse”, Weihnachtsmann, und verteilt die Geschenke.
Am Abend zeigt der Fernsehsender NRK jedes Jahr „tre nøtter for askepott” (Drei Hasselnüsse für Aschenbrödel), der auch in Deutschland zu Weihnachten gezeigt wird. Der tschechischslowakische Film ist eine böhmische Version des Aschenputtelfilms, der 1973 gedreht wurde.

Am ersten Weihnachtsfeiertag gehen die Familien morgens zur Kirche und essen am Nachmittag sehr ausgiebig, vor allem Fisch und „julepølse” (vergleichbar mit einer Weißwurst). Die Kinder verkleiden sich als Weihnachtswichtel und besuchen Nachbarn, um ihnen Weihnachtslieder zu singen. Als Dank erhalten sie Kuchen und Süßigkeiten.
Die Weihnachtszeit in Norwegen dauert bis zum 6. Januar, dem Tag der Heiligen Drei Könige. In einigen Gebieten wird bis zum 13. Januar, dem Tag des Heiligen Knut, gefeiert, das in Deutschland vor allem durch den schwedischen Möbelkonzern IKEA bekannt wurde.

Der Skandinavier an sich streitet sich zur Weihnachtszeit gerne darüber, wo der Weihnachtsmann wohnt. Zwar lernen alle, dass er vom Nordpol stammt, trotzdem gibt es auf der ganzen Welt diverse Büros für die Weihnachtspost. Die Dänen senden ihre Briefe und Wunschlisten nach Kongsgaarden (Grönland), die Finnen nach Rovaniemi (obwohl der Weihnachtsmann nach Erzählungen aus Korvatunturi in Lappland stammt) und die Norweger nach Drøbak am Oslofjord oder nach Nissedal bei Vrådal.

Der heutige norwegische Begriff für Weihnachten „jul” stammt übrigens nicht vom ursprünglichen Weihnachtsfest ab. In der heidnischen Zeit wurde um den 24. Dezember das winterliche Sonnenwendefest gefeiert. Dabei spielte vor allem die Sonne als Symbol eine Rolle, die als Rad (norwegisch „hjul”) dargestellt wurde. Erst später legte man das Weihnachtsfest in diese Zeit, um die heidnischen Bräuche zu verdrängen. Übrig blieb nur der heutige Name: „Jul”.

(Text und Fotos: Miriam Keilbach)

Miriam K.

Miriam war 2007 im Gründungsteam von backview.eu. Sie volontierte beim Weser-Kurier in Bremen und arbeitet seit 2012 als Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau. Ihre Themen: Menschen, Gesellschaft, Soziales, Skandinavien und Sport.

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