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Gespannte Lage in Guinea

In Conakry, der Hauptstadt des Landes herrscht wieder eine äußerst angespannte Stimmung. Zehn Monate nachdem das Volk in einem Generalstreik gegen die enormen Preise für Grundnahrungsmittel und die katastrophale Wirtschaftslage protestiert hatte, und dieser in einem blutigen Volksaufstand mit weit über hundert Toten eskalierte, kündigt sich ein erneutes Explodieren dieses Pulverfasses an.
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Präsident Sekou Conté, der nach einem Putsch seit 1984 an der Macht ist, wird von seinen Kritikern als erschöpfter, kranker Diktator bezeichnet. In seinen ersten Jahren der Herrschaft wandte er sein Land ab vom Sozialismus, verurteilte die Menschenrechtsverletzungen seines Vorgängers, entließ politische Häftlinge und führte sein Land 1993 mit einer korrekt durchgeführten Wahl in die Demokratie. Bis dahin konnte auch eine leichte Verbesserung der wirtschaftlichen Lage festgestellt werden. Dies war wahrscheinlich ein Grund dafür, dass er die Wahl mit überwältigender Mehrheit gewann.

In den ersten Jahren seiner demokratischen Präsidentschaft nahm die Korruption massiv zu, und die wirtschaftliche Entwicklung verlief katastrophal. Das Land verarmte noch mehr. Dementsprechend konnte er 1998 die zweite Wahl in seiner Amtszeit nur durch Wahlbetrug gewinnen. Die dritte Wahl gewann er 2003 ebenfalls, sie wurde jedoch von der Opposition boykottiert. Mit seinem Wahlsieg verlängerte er die Legislaturperiode von fünf auf sieben Jahre.

Seit der zweiten Wahl 1998 begann Conté politische Gegner aus zweifelhaften Gründen, wie „Gefährdung des Staates“ in Haft zu nehmen. Wer heute den Präsidenten zu laut und öffentlich kritisiert, muss damit rechnen -auch ohne Gerichtsverfahren- in Haft genommen zu werden.
Die Kritiker sind Contés sind in allen Bereichen der Bevölkerung zu finden, selbst in der mittleren Führungsebene der 9.800 Mann starken Armee wird halblaut der Rücktritt des Präsidenten gefordert. Die obere militärische Führungsebene ist dem Präsidenten, der gleichzeitig auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und viele Jahre Soldat war, jedoch noch freundschaftlich verbunden und treu.

Aus Sicht der Menschen in Guinea steht Conté für Machtmissbrauch und Korruption. Des weiteren bleibt der ungesunde Lebenswandel des Kettenrauchers und und seine schwache Konstitution dem Volk nicht verborgen. Also forderten die gut organisierten Gewerkschaften des Landes im Februar diesen Jahres den Rücktritt des Präsidenten.
Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen wurde ein Generalstreik durchgeführt. Erst als dieser in einem Volksaufstand eskalierte, der über hundert Tote forderte, gab Präsident Conté nach. Er ersetzte den alten –ihm gehorchenden- Premierminister durch den relativ unabhängigen Lansana Kouyaté. Hiermit gab sich die Opposition zufrieden und der Generalstreik wurde ausgesetzt.

Direkt nach dem Generalstreik gab es Preissenkungen, die jedoch wieder rückgängig gemacht wurden. Kouyaté vermochte es nicht, die Lage des Landes zu verbessern und wird zudem kritisiert, Politiker in seinem Kabinett eingesetzt zu haben, die aus Sicht der Opposition politisch vorbelastet sind. Die Enttäuschung über den neuen Premierminister nutzt Präsident Conté, um für sich und seine Politik zu werben, kann das Volk damit jedoch nicht mehr erreichen.
Es kommt nach wie vor zum Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen, so wurde zum Beispiel am 16. August diesen Jahres gemeldet, dass zwei Journalisten aufgrund von „Verleumdung“ eines Ministers zu Bewährungshaft und hohen Geldstrafen verurteilt wurden. Ansässige Journalisten missbilligten das Urteil und beschrieben es als Verzerrung des Rechts.

Es wird damit gerechnet, dass der Generalstreik am Ende der Regenzeit, die in einigen Teilen des Landes bis November gehen kann, fortgesetzt wird. Die Opposition und die nichtstaatlichen Organisationen des Landes werden als stark genug eingeschätzt, den Präsident über kurz oder lang zu stürzen.
Die weitere politische Entwicklung Guineas und der von ganz Westafrika ist nicht zuletzt wegen der reichen Bodenschätze interessant. Neben Gold, Diamanten, Eisenerz und Uran liegen die größten Bauxit-Vorkommen der Erde unter guineeschem Boden.

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