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Gaddafis gnadenlose Killer

Sie kennen kein Mitgefühl. Sie ermorden wehrlose Zivilisten, Frauen und Kinder. Um seine Macht zu verteidigen, greift Libyens Staatsoberhaupt Muammar al Gaddafi zu allen Mitteln und heuert ausländische Söldner an, um sie gegen sein eigenes Volk kämpfen zu lassen.


Seit vergangenem Februar herrscht in Libyen der Ausnahmezustand. Der Protest Tausender Demonstranten eskalierte in einen Bürgerkrieg. Mit seinen regulären Streitkräften kann Diktator Gaddafi die Rebellen nicht mehr unterdrücken – da sie zu schwach besetzt sind und teilweise zu den Gegnern überliefen. Daher heuert er ausländische Söldner an, die skrupellos gegen die Demonstranten vorgehen. Ihre Mission: Den Volksaufstand in Libyen ersticken. Mit allen Mitteln. Und Gaddafis Strategie ging auf. Das Ergebnis ist ein grausames System, das keine Gnade kennt.Schon seit mehreren Jahrzehnten zieht Gaddafi immer wieder Kämpfer für seine Zwecke aus ganz Afrika an. Doch nie war das Blutbad so schrecklich wie jetzt. Wie funktioniert dieses mörderische Spiel? Warum heuert der Diktator Killer an und hetzt sie auf sein eigenes Volk?

Reguläre Streitkräfte zu schwach
Die Antwort ist erschreckend einfach. Gaddafis reguläre Streitkräfte sind schwach. Größtenteils sogar absichtlich, die Kampfeinheiten sind unterbesetzt und in schlechtem Zustand. Die Gefahr, dass das libysche Militär sich gegen den Diktator wendet und sich mit den Demonstranten solidarisiert, ist zu groß. Es kommt nicht selten vor, dass Einheiten zu den Gaddafi-Gegnern überlaufen. Doch das schadet dem Regime kaum. Würde sich die komplette Streitmacht gegen Gaddafi stellen, so hätte er dennoch ein tödliches Gegengewicht: Seine Söldner.

Woher kommen diese und warum sind sie so gefährlich? Über die Herkunft der Söldner wird viel spekuliert. Es wurden verschiedene Ausweispapiere aus Guinea, Niger dem Tschad, Mauretanien oder dem Sudan gefunden. Es gibt eine sogenannte panafrikanische Legion, die Gaddafi vor mehreren Jahren gründete und die weiterhin Kämpfer aus ganz Afrika bezieht. Doch kaum ein Journalist ist vor Ort, um das zu bestätigen. Und offiziell gesicherte Zahlen gibt es natürlich auch nicht.Die Killer jagen Frauen und Kinder
Die Aufgabe der Söldner war zunächst einleuchtend: Sie sollen die Aufstände von Rebellen verhindern. Doch die angeheuerten Profis nahmen ihre Aufgabe etwas ernster und erstickten sämtliche Widerstände und Kämpfe im Keim. Nicht nur Streitkräfte, sondern auch wehrlose Zivilisten dienten als Zielscheibe.
Es ist die Rede von Massakern in Moscheen, von versteckten Milizen in Krankenwagen und plötzlichen Schüssen von Dächern mitten in Tripolis. Die paramilitärischen Verbände, also Einheiten, die nicht der regulären Streitkraft angehören, sind überall. Sie verbreiten Panik im ganzen Land. Nicht einmal Frauen und Kinder bleiben verschont. In Bengase sollen Mütter mit ihren Kindern von einer Brücke gesprungen sein, um den Händen der Söldner zu entkommen.

12 000 US-Dollar pro Leiche!?
Doch was lässt Gaddafis Kämpfer so brutal und skrupellos morden? Was treibt sie an? Die Antwort liegt auf der Hand: Die ausländischen Söldner haben im Gegensatz zum regionalen Militär keine Verbindung zum Gegner. Sie erschießen bei den Kämpfen nicht ihre eigenen Landesbrüder, sondern Fremde. Sie können sich von lokalen Einflüssen freimachen und werden sich somit wohl nie mit der Bevölkerung solidarisieren. Das macht sie zu den regimetreuesten Kräften und zum besten Garant für Gaddafis Sicherheit. Nicht zu vergessen ist das Kopfgeld, dass die Söldner nicht zu knapp bekommen. Bis zu 12 000 US-Dollar sollen sie pro Leiche erhalten.

Unklar ist, wie viele Kämpfer der Diktator auf seine Seite gezogen hat. Er heuerte an, wo es nur ging, doch anscheinend versagten ihm immer mehr Länder und Volksstämme die Unterstützung. Es wird schwieriger, bewaffnete Söldnertruppen einfliegen zu lassen. Die Nachbarländer fürchten, die Gewalt könnte über die Grenzen schwappen und bemühen sich, dem Heer von blutrünstigen Killern ein Ende zu bereiten.

(Text: Julia Jung)

Julia J.

Hauptberuflich ist Julia Weltenbummlerin, nebenberuflich studiert sie Politik. Wenn sie nicht gerade durch Australien, Neuseeland, Südafrika oder Hongkong reist, schreibt sie ein paar Zeilen für back view und das schon seit 2009.

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