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Frühes Aufstehen

Wie es ist, nach mangelndem Schlaf früh aufstehen zu müssen, kennen wir alle. back view-Mitarbeiter Eric Elert hasst es – und muss sich trotzdem anpassen. Wie er damit umgeht, welche Erfahrungen er gemacht hat, wie nervig es ist, lethargisch am Frühstückstisch zu sitzen und zu hoffen, dass die Kaffee-Maschine gleich fertig wird, schildert er hier. Außerdem erklärt er, warum man sich nicht auf seine genetischen Veranlagung berufen kann.[divide]

Und wieder traktiert mich der Wecker. In einer apathischen Bewegung betätige ich unmotiviert das wichtigste Werkzeug des Langschläfers: die Snooze-Taste. Weitere acht Minuten Entspannung, Wärme und Behaglichkeit. Wie ein Säugling presse ich meine Oberschenkel in Richtung Brust und drehe mich noch einmal auf die andere Seite. Und dann, als wäre nicht mal eine Sekunde um, klingelt der Wecker wieder. Acht Minuten später. So schnell kann ich wegdösen.

Ist diese Erfahrung nicht bekannt? Egal, ob wir am Vorabend lange – mit oder ohne Alkohol – gefeiert haben, Texte an unseren Dozenten, Lehrer, Chefredakteur schrieben oder wir einfach schlecht geschlafen haben, das Grauen am nächsten Morgen, der Kampf mit dem inneren Schweinehund kommt bestimmt. So geht es mir auch, denn ich bin eine Eule, ein Nachtmensch. Frühestens ab Mittag komme ich auf Trapp. Egal, ob ich am Vorabend nach dem Sandmann oder nach den Sexy Sport Clips im DSF ins Bett gegangen bin. Welcher Typ man ist, entscheidet sich laut den Experten der sogenannten Chronobiologie schon im Mutterleib. Ich Uhu – ganz im Gegensatz zur Lerche – kann mich in den Abendstunden besser konzentrieren, neun Uhr früh befindet sich mein Hirn im alltäglichen Jetlag. Großartig, wenn mein Chef mich früh bestellt, oder mein Arzt beim höchsten Stand der Sonne seine Pforte schließt. Warum muss die Welt auch so grausam sein?

Doch kann ich – ehrlich – alles auf meine Umwelt und meine DNS schieben? Man stelle sich vor, sich noch halb komatös vor seinem Abteilungsleiter zu verantworten. Keine gute Idee. Nein, ich befinde mich in einem Alter, in dem es gilt, Selbstverantwortung zu übernehmen. Ein gutes Beispiel, wie das Aufbringen von morgendlicher Leistung auch geht, schießt mir sofort in den Kopf: das wochenendliche Vergnügen einer Netzwerkparty, genannt LAN. Ein paar Wochen nach meinem 18. Geburtstag meldete ich mich bei einer örtlichen Veranstaltung an.

Freitag. Nachdem ich seit fünf Uhr wach bin, schreite ich voller Elan mit meinem Rechner im Arm gegen 18 Uhr in die Halle.

Sonnabend 16 Uhr. Langsam werde ich dann doch müde. Reicht mir mal jemand den Kaffee? Danke!

Sonntag drei Uhr. Langsam wird’s kritisch. Ich beende das Spiel, rolle im Nachbarraum den Schlafsack aus und lege mich hinein. Nach zehn Sekunden bin ich weg. Nun das Überraschende: Als es gegen acht Uhr wieder hell wird, bin ich hochmotiviert weiterzuspielen. Ich war damals fast zwei Tage wach, genoss ein Minimum an Somnus und fühlte mich danach sofort im Stande, wieder mein Spielgerät zu starten.
Die Antwort, warum mir trotz mangelnder Regeneration diese schier unglaubliche Fähigkeit gegeben war, meinen Oberkörper nach dem Wachwerden nach oben zu richten, ist offensichtlich: Weil ich es wollte, weil meine Priorität zu “zocken” höher war, als mich auf die andere Seite zu drehen.

In Zukunft werde ich also den Morgen, das zwanghafte Aufwachen, als etwas Positives betrachten – der Genuss eines aromatischen Kaffees, dessen Duft bereits in meiner Vorstellungskraft meine Lider nach oben springen lässt, der Gedanke, wie das Wasser einer heißen Dusche meinen Rücken herunter rinnt, vielleicht auch ein Album einer Rockband, die dabei im Hintergrund läuft – all das lässt mich munter werden.
Oder – ich gehe auch mal früher am Vorabend in die „Heia”. Dann verschwinden zumindest diese Augenringe, die bestimmt auch erst zu dieser Bezeichnung „Eule” geführt haben.

Hinweis aus der Redaktion: Dieser Artikel ist Teil des Titelthema: “GEZ & CO. – WIR LIEBEN, WAS IHR HASST” – der Inhalt spiegelt also nicht zwangsläufig die Meinung des Autors wieder.

(Text: Eric Elert)

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