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Flüchtlingswelle 2015

Menschen sind schon immer geflüchtet. Auch schon immer nach Deutschland. Im Jahr 2015 erreichte die Zahl der Menschen, die aus ihren Heimatländern flüchteten und nach Deutschland kamen, ihren Höhepunkt. Eine Million Menschen kamen in die Bundesrepublik mit dem Ziel sich hier ein neues Leben aufzubauen. Ein Leben ohne Terror. Ein Leben ohne Angst. Ein Leben ohne Hass. Ein Neuanfang. Ein Neuanfang in einem Land, das ihnen fremd ist. Ein Land, das sie nicht kennen, in dem aber Frieden herrscht.[divide]

Mittlerweile ist diese Welle an neuen Menschen im Land zu einem Stopp gekommen. Viele durften bleiben, aber einige mussten auch wieder gehen. Menschen, die aus Gebieten kommen, die als nicht sicher eingestuft werden, haben ein Recht auf ein Leben in Deutschland.

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Die Gastfreundschaft zur Flüchtlingswelle 2015

Als Mitte 2015 diese Masse an Menschen ankam, gingen Bilder um die Welt, die zeigten, wie herzlich die Deutschen diese willkommen hießen. Alle waren beeindruckt von dieser unglaublichen Gastfreundschaft. Der Begriff Willkommenskultur ließ nicht lange auf sich warten.

Trotzdem verflog die Euphorie, denn nicht alle wollten diese Menschen willkommen heißen. Nicht alle wollten Menschen aus einem anderen Kulturkreis im Land. Viele wussten vielleicht auch einfach nicht, wie sie damit umgehen sollten. Ereignisse wie die Silvesternacht in Köln und der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt passierten. Von der anfänglichen Euphorie spürt man heute nicht mehr viel.
Menschen, die mit all dem nichts zu tun haben und nach Deutschland gekommen sind, weil ihr Leben im eigenen Land in Gefahr war, sind nun hier. Von Willkommenskultur hört man in den Medien nichts mehr. Wie geht es den Menschen jetzt?

Ein Iraker in Deutschland

Milad Jaffer ist 26 Jahre alt und kommt aus dem Irak. Er ist Jesit und wird in seiner Heimat, dem nördlichen Teil des Landes, auf Grund seiner Religion, verfolgt. Er sagt, seine Flucht nach Deutschland, habe ihm das Leben gerettet. Nach Deutschland wollte er unbedingt, weil auch sein Bruder sich hier vor Jahren schon ein neues Leben aufbauen konnte.

„Ich habe alles gesehen“, erzählt er. „Ich habe gesehen wie Kinder in meinem Dorf umgebracht wurden, wie alles zerstört wurde.“ Milad ist stark traumatisiert. Er habe ständig Kopfschmerzen und könne nachts kaum schlafen. Die Angst ist immer noch da.

„In Deutschland zu sein ist eine große Chance für mich. Ich bin endlich weg von dort. Hier muss ich nicht mehr so viel Angst haben wie in meiner Heimat“ erzählt der gebürtige Iraker.

Seit 2015 ist Milad schon in Deutschland. Zuerst kam er in München an und wurde dann in ein Flüchtlingslager nach Lebach im Saarland weitergeleitet. Ein Jahr später bezog er in Saarbrücken eine Wohnung und ist nun regelmäßig im Jobcenter der Agentur für Arbeit anzutreffen. Zurzeit wird Milad vom Staat finanziell unterstützt. Das gefällt ihm überhaupt nicht. Er will zurück in die Selbstständigkeit und Deutschland nicht auf der Tasche liegen.

„Im Irak war ich Schreiner und arbeitete als Dolmetscher. Ich hatte Geld, ein großes Haus und zwei Autos. Hier habe ich nichts. Ich musste alles zurücklassen“, beschreibt Milad sein altes Leben. Vielen Flüchtlingen geht es ähnlich wie ihm. Die Situation ist nicht leicht. Ankommen und leben in einem fremden Land, mit fremden Menschen und einer fremden Kultur ist schwer.

Startschwierigkeiten der Flüchtlinge

Dass die Situation für Neuankömmlinge in Deutschland alles andere als einfach ist, bestätigt auch die Sozialarbeiterin Anna, die in einer der vielen Clearing Stellen arbeitet: „Diese Menschen mussten ihre gewohnte Umgebung verlassen und kommen hier in einem ganz anderen Kulturkreis an. Hier ist wirklich alles anders. Schon alleine das, stellt für viele Schwierigkeiten dar. Viele von ihnen sind zudem stark traumatisiert, was die Situation noch problematischer macht.“

Milad macht es zu schaffen, dass er vom Staat abhängig ist. Er will das nicht. „Ich will mich nicht auf dem Deutschen Staat ausruhen. Ich will mein eigenes Geld verdienen. Ich will arbeiten und selbstständig sein. Ich will hier ganz normal leben können. Ich möchte wie jeder andere arbeiten und einfach etwas leisten.“ Die Situation ist frustrierend. Arbeit hat er noch keine gefunden. Die Ämter sind überlastet und vieles geht langsamer als sonst. Obwohl er schon seit über einem Jahr in Deutschland ist, kann er erst in ein paar Wochen mit einem Sprachkurs beginnen.

„Die Wartelisten für Deutschkurse sind je nach Standort sehr lang. Da müssen die Leute leider schon mal bis zu einem Jahr warten. Das frustriert, aber die momentane Lage ist leider so, dass viele Stellen einfach extrem überlastet sind“ erklärt Anna. Sie weiß, dass die meisten sich bemühen Deutsch zu lernen. Noch ist ihr keiner untergekommen, der die Sprachen nicht lernen oder nicht arbeiten wollte. Anna ist beeindruckt von dem Mut und dem Willen der Menschen sich hier in Deutschland zu integrieren und sich ein neues Leben aufzubauen.

„Ich kann wirklich allen nur raten Geduld und Ausdauer zu haben und nicht schnell aufzugeben“ sagt die Sozialarbeiterin. „Wer sich hier wirklich integrieren will, kann das auch schaffen, man muss nur offen sein und sich wirklich in jeder Hinsicht darum bemühen. Sei es nun die Sprache zu lernen, auf Leute zuzugehen oder sich mit der deutschen Bürokratie auseinanderzusetzen. Es ist auf jeden Fall machbar.“

Milads Traum ist es später als Dolmetscher in Deutschland arbeiten zu können. Er möchte mit Sprachen helfen und vermitteln. „Es ist nicht leicht hier in Deutschland, aber ich will mich in die Gesellschaft integrieren. Ich weiß, dass hier in Deutschland meine Träume in Erfüllung gehen können und dass ich es hier schaffen kann.“

Der erste Schritt in die richtige Richtung ist getan. Nach seinem Deutschkurs möchte Milad eine Ausbildung beginnen um sich hier ein richtiges Leben aufzubauen.

Milad glaubt an sich. Er sieht der Zukunft positiv entgegen und weiß jetzt schon, dass es die richtige Entscheidung war nach Deutschland zu kommen. Seine Erlebnisse kann er hier verarbeiten und seine Angst nimmt langsam, aber stetig ab. Er fühlt sich sicher.

„Mir gefällt es hier. Ich mag das Land, die Leute und das Essen. Ich will hier nicht mehr weggehen. Ich freue mich, dass ich bald endlich mit dem Deutschkurs beginnen kann und dann vielleicht auch einfach mehr Chancen habe“ sagt Milad. „Wenn ich an meine Zukunft denke, freue ich mich. Ich denke, dass es hier in Deutschland nur gut werden kann.“

Doch wie stehen die Chancen für Menschen wie Milad wirklich?

Eine der großen Fragen, die die Flüchtlingswelle mit sich gebracht hat, ist ob eine Integration von so vielen Menschen aus unterschiedlichen Kulturräumen wirklich klappen kann. Sozialarbeiterin Anna blickt optimistisch nach vorne.

„Meiner Meinung nach stehen die Chancen ziemlich gut, dass die Menschen, die sich hier integrieren wollen und hier arbeiten und in Zukunft leben wollen, das auch schaffen. Natürlich hängt es immer auch vom Typ Mensch ab und wie sehr sich dieser bemüht.“

Anna gibt allerdings zu bedenken, dass es nicht gleich leicht für alle hier ist. Akademiker oder ähnlich gut ausgebildete Menschen zum Beispiel haben es oft keine so großen Probleme, da diese oft über gute Englischkenntnisse verfügen und so besser kommunizieren können. Trotzdem sieht sie auch Chancen für Nicht-Akademiker. Sie erklärt, dass es für diese Menschen vielleicht etwas länger dauern wird Arbeit zu finden oder sich zu integrieren, aber möglich sei es auf jeden Fall.

Erst die Zeit wird zeigen, ob eine Integration möglich ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schwierig eine Prognose zu geben. Anna hat schon viele geflüchtete Menschen kennengelernt, bei denen sie keinerlei Zweifel hat, aber eben auch einige die an kleinen Hürden wie zum Beispiel der Bürokratie scheitern.

„Generell ist es schwer etwas über die Zukunft und insbesondere die Integration dieser Menschen zu sagen. Ich glaube fest daran, dass es funktionieren kann, möchte aber auch betonen, dass zur Integration immer zwei Seiten gehören. Der geflüchtete Mensch muss offen sein, aber seine Umgebung muss es auch. Dann kann eine Integration funktionieren.“

 

(Foto: Frank Wunderatsch by jugendfotos.de)

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