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Eine Ära von Wissen, nicht Waffen

Afghanistan – ein Land, gebeutelt von drei Jahrzehnten Krieg. Dringen Nachrichten von Afghanistan nach außen zum Rest der Welt, sieht man entweder Bilder von bärtigen, bewaffneten Männern, vermutlich Taliban, Frauen unter einer Burka oder hungrigen, schmutzigen Kindern. Der Krieg tobt weiter, nur die Gegner wechseln ab und an.
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Kann sich eigentlich noch irgendwer daran erinnern, wie es in Afghanistan vor dem Krieg aussah? Gab es denn ein Afghanistan vor dem Krieg? Natürlich, es gab diese Zeit. Ein kleines Bild davon bekommt man im Film „The Kite Runner – Der Drachenflieger“. Viele internationale Hilfsorganisationen versuchen heute, Afghanistan wieder dahin zurückzuführen – zu einer Zeit mit glücklichen Kindern und einer gesunden Infrastruktur.

Um die Wurzeln des Problems kümmert sich besonders die afghanische Organisation EHBFP – das Emergency Health and Build Field Program. Die Ärzte, Agronomen, Ingenieure, Pädagogen und Ausbilder des Teams, sowohl Männer als auch Frauen, haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen zu helfen zu einem würdigen Lebensstandard zurück zu finden. Die meisten der 71 Mitarbeiter sind gut ausgebildet und haben viel praktische Erfahrung, was eine der größten Stärken der Organisation ist.

Die Invasion der Kommunisten, der Bürgerkrieg und nicht zuletzt die Kulturfeindlichkeit der Taliban ließen ganze Generationen ohne Bildung. Die Analphabetenrate liegt mit siebzig Prozent auch im internationalen Vergleich sehr hoch, besonders bei den Frauen – nur zehn Prozent aller Afghaninnen können lesen und schreiben.

Es ist also ein wichtiges Anliegen der Organisation EHBFP, gerade mit Frauen und Kindern zusammenzuarbeiten und ihnen grundlegende Kenntnisse im Lesen und Schreiben zu vermitteln. Die Mädchen von heute sind die Mütter von morgen und sollten deshalb auch selbst für ihre Rechte sprechen können.
EHBFP ist eine regierungsunabhängige, profitlose Organisation, geleitet von der Ärztin Dr. Laila Kamawal. Gegründet wurde sie 2003 und arbeitet in verschiedenen Provinzen des ganzen Landes. Sie verfügt ebenso über eigene Wachleute, da es gerade auf Landstrichen im Süden sehr gefährlich ist, sich frei zu bewegen. Taliban und Kriegsherren haben in einigen Gemeinden immer noch die Oberhand.

Der Aufgabenbereich und die Zielsetzung der EHBFP sind vielseitig. Nach so langer Zeit der Zerstörung und Vernachlässigung des eigenen Landes und Volkes muss man teilweise ganz von vorn anfangen. Grundlegendes Thema ist auch Hygiene und die Sauberkeit des Wassers, denn durch verschmutztes Wasser entstehen nach wie vor die meisten Krankheiten.
Man teilfinanziert und unterstützt unter anderem Brunnenbohrungen sowie den Bau von Kanälen, Brücken, Krankenhäusern und Schulen. Gemeinden und vom Krieg geschädigte Familien bekommen Hilfe, Ausbildung und Jobmöglichkeiten. Speziell Frauen, denen unter den Taliban jede Möglichkeit auf Bildung verwehrt war und die verwitwet sind, muss Wege gezeigt werden, wie sie Geld verdienen können ohne zu betteln.

Mit ihrer mobilen Klinik fahren die Ärzte viel durchs Land und leisten erste Hilfe, führen Visiten durch, bilden sogar Hebammen aus. Die Organisation kämpft für ein friedliches, demokratisches und drogenfreies Afghanistan. Sie gehen gegen den Opiumanbau vor und haben eine eigene Initiative für Drogenkontrollen.

Generell ist das Programm von Dr. Laila Kamawal sehr gut organisiert. Für jede Provinz gibt es einen Manager, der für seine Region verantwortlich ist. Da EHBFP keine staatliche Organisation ist, kann sie unabhängig von Genehmigungen arbeiten, ist jedoch stark auf Spenden und Zuschüsse angewiesen, die sie seitens der Regierung allerdings nicht empfängt.
Man ist ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, um selbst vor allem finanzielle Unterstützung zu erhalten. Dann kann das Team dafür sorgen, dass dieses Geld wiederum durch andere Programme sinnvoll genutzt und an Bedürftige weitergegeben wird. EHBFP arbeitet mit Förderprojekten für den Wiederaufbau der wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur zusammen und arbeitet sogar Pläne für die ländliche Verwaltung aus.

Ebenso helfen die Mitarbeiter bei der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen, um sie in ihre frühere Umgebung wieder einzugewöhnen. Wichtig ist wohl vor allem, den Afghanen zu helfen, eigenständig und unabhängig zu werden. Nur so kann auch Afghanistan wieder ein eigenständiger, unabhängiger und demokratischer Staat werden.

(Text: Katrin Kircheis)

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