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Ein Tag ohne Müll – ist das Möglich?

Im Rahmen des Titelthemas macht Eva-Maria Steger den Selbsttest und versucht einen Tag zu leben, ohne Müll zu produzieren. Über geplante und überraschende Schwierigkeiten sowie kreative Ideen.

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Normalerweise führt mich der erste Gang am Morgen zur Kaffeemaschine. Heute muss ich allerdings darauf verzichten, schließlich will ich einen Tag lang leben, ohne Müll zu produzieren. Die Kaffeebohnen wären in einer Aluminiumverpackung und die Milch aus dem Tetrapack. Statt Kaffee gibt es also ein Glas Leitungswasser. Schon jetzt wird mir klar dieser Tag wird anders – er wird “unbequemer” als ein gewöhnlicher Tag.

Neben dem Leitungswasser gibt es zum Frühstück Obst, das ich am Vortag gekauft habe, ohne es wie üblich in mehrere Plastikbeutel zu verpacken. Statt dessen habe ich einen Stoffbeutel mitgenommen und einfach alles darin transportiert. Die Verkäuferin sah mich zwar etwas irritiert an, aber dafür habe ich der Umwelt ja was Gutes getan. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie ignorant es eigentlich ist, sonst immer alles in Plastikbeutel zu packen – und dann auch noch von mir zu behaupten “eigentlich umweltfreundlich zu sein”.

Die nächsten “unbequemen” Anpassungen folgen im Badezimmer. Beim Duschen verzichte ich heute darauf meine Haare zu waschen und an Stelle von Duschgel benutze ich Hartseife. Ich finde aber irgendwie dass sich meine Haut hinterher komisch anfühlt. Ein bisschen klebrig, als wäre die Seife nicht ganz abgegangen und ich freue mich schon jetzt auf eine Dusche am nächsten Tag – mit richtigem Duschgel. Auf Kosmetik, sprich Cremes und Schminke verzichte ich ebenfalls, schließlich sind auch die alle abgepackt. Zähne werden geputzt, mit einer Zahnbürste zwar, aber ohne Zahncreme. Die ist schließlich auch aus der Tube.

Zu allem Übel bin ich auch noch leicht verkühlt. Die letzten Tage hatte ich einen recht hohen Taschentuchverbrauch. Nachdem ich mir für einen kurzen Moment Sorgen gemacht habe, dass ich entweder mit triefender Nase durch den Tag, oder meinen Vorsatz keinen Müll zu produzieren über den Haufen werfen muss, fällt mir schnell eine Lösung des Problems ein: Stofftaschentücher. Praktischerweise haben wir sogar noch solche altmodischen Stofftaschentücher zu Hause. Auch dieses Problem ist erfolgreich gelöst.

Gegen Mittag beschließe ich, endlich für meine anstehende Klausur zu lernen. Weit komme ich allerdings nicht. Rechnen und lernen kann ich nicht, ohne mir Notizen zu machen und die darf ich heute nicht machen – sonst würde ich Papiermüll produzieren. Ich blättere mein Buch noch ein wenig durch, ohne Notizen zu machen, gebe aber bald genervt und vor allem wenig schlauer auf. Zum Mittagessen habe ich vorgesorgt: Kartoffeln haben wir glücklicherweise selbst im Keller, dazu gibt es Zwiebeln – ebenfalls einzeln gekauft und im Stoffbeutel nach Hause transportiert – und zwei Eier. Auf den üblichen Nachmittagskaffee muss ich dann wiederum verzichten. Stattdessen trinke ich heute ganz viel Leitungswasser; sowieso viel gesünder. Den Nachmittag über arbeite ich viel am PC und gehe Spazieren – bei beidem produziere ich zumindest keinen unmittelbaren Müll.

Beim Abendessen stehe ich dann erneut vor dem Problem, was ich kochen soll. Ich habe keine wirkliche Ahnung und eigentlich auch keine Lust mehr, darüber nachzudenken. Spaghetti wären jetzt gut. Ich bin verlockt auf meinen Vorsatz zu pfeifen und mir was richtig Leckeres zu kochen. Aber dann finde ich es doch zu ärgerlich, kurz vor dem Ziel aufzugeben. Ich esse zwei Äpfel und trinke rund einen halben Liter Leitungswasser, das muss reichen – für heute.
Vor dem Schlafen gehen, putze ich mir die Zähne, ohne sie wirklich zu putzen, denn es fehlt immer noch die Zahnpasta. Anschließend gehe ich aber, trotz zwischenzeitlich immer wieder schlechter Laune, doch ganz zufrieden ins Bett. Bis auf ein paar Obst-, Eier- und Kartoffelschalen habe ich heute keinen Müll produziert.. Alles kompostierbar.

Statistisch gesehen habe ich der Umwelt heute 1,6 Kilogramm Müll erspart und darauf bin ich stolz. Denn laut dem statistischen Bundesamt produziert jeder Deutsche durchschnittlich 581 Kilogramm Haushaltsmüll pro Jahr.

Am nächsten Morgen wache ich übermüdet mit knurrendem Magen auf und stürze förmlich in die Küche zur Kaffeemaschine. Damit startet der Tag zwar direkt wieder mit dem ersten Müll, aber ich starte doch irgendwie leichter in den Morgen. Um aber auch Abends glücklich ins Bett gehen zu können werde ich darüber nachdenken in Zukunft einen solchen  “Keinen-Müll-Tag” pro Woche einzuführen. Das tut der Gesundheit gut, schmeichelt der Figur und spart der Umwelt – statistisch gesehen – dann  über 76 kg im Jahr.

Zudem hört sich “Ich achte auf die Umwelt” eindeutig besser an, als “Ich bin auf Diät”. Ganz nebenbei würde ich der Umwelt so 76,4 Kilogramm Müll pro Jahr ersparen. Denkt doch auch mal darüber nach! Es ist nur ein Tag pro Woche, die restlichen sechs Tage könnt ihr immer noch ganz bequem leben und durchschnittlich 1,6 Kilogramm Müll pro Tag produzieren.

(Text: Eva-Maria Steger)

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