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Ein Feind in jedem Land

Zu Beginn dieses Jahres ging ein Aufschrei durch die westliche internationale Gemeinschaft. Der Aufstand in Libyen erschütterte die Welt. Machthaber Muhammar al Gaddafi hetzte bewaffnete Truppen auf sein eigenes Volk, um es gewaltsam zur „Raison” zu zwingen. Besonders kritisch wurde dabei wahrgenommen, dass es sich bei den Truppen Gaddafis um privat eingekaufte Söldner handelte.
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Doch wer sind diese Söldner überhaupt? Warum ist ihr Einsatz so verwerflich? Dem Wortsinn nach sind Söldner eine Art Soldaten, die gegen Bezahlung (Sold) angeworben worden sind. Dieses Vorgehen ist keine Beschäftigungsform der Neuzeit; Söldner gab es bereits in der Antike. Im Grunde sind Söldner die früheste Form von Soldaten.
Stehende Heere und organisiertes Militärwesen kamen erst nach dem Mittelalter auf. Der 30-jährige Krieg beispielsweise wurde komplett von Söldnern ausgefochten. Söldnertruppen waren den regionalen Rittern taktisch oft weit überlegen. Sie galten als besonders mutig, aber auch als besonders brutal.

Der entscheidende Faktor, der einen Söldner von einem Soldaten unterscheidet, ist der Sold. Schon im Mittelalter stellte die Rekrutierung von Söldnerheeren ihre Auftraggeber vor große finanzielle Probleme. Heute ist das ähnlich: Wer am meisten bezahlt, bekommt aufopferungsfreudige Rekruten. Von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus ist das nachvollziehbar, ethischen Grundsätzen, vor allem der westlichen Welt, geht dieses „Auftrags-Bezahlsystem” entgegen.

Gerade in Deutschland herrscht in Gesellschaft und Politik eine große Abneigung gegen jeglichen Kriegseinsatz. Dies mag zum einen an der kriegsträchtigen Geschichte der Bundesrepublik liegen, zum anderen aber auch am Selbstverständnis der Menschen: Zurückgeschossen wird nur, wenn das eigene Leben bedroht ist – also als letztmögliche Konsequenz. Im besten Fall kämpft ein Soldat, wenn es denn unbedingt sein muss, unter der Flagge seines Landes für ein höheres Gut. Ob das nun Frieden, Gerechtigkeit oder Demokratie heißen mag, ist zweitrangig. Wer sich als Soldat verpflichtet, der soll in erster Linie Idealist sein. Der Pragmatismus eines Söldners, der sich nicht für die Sache, sondern zur Bereicherung einsetzt – wahlweise für die eine oder die andere Seite kämpft – stößt unangenehm auf.

Das Geld ist auch der Grund, warum Söldnern ihr Ruf als zweifelhafte Zeitgenossen anhaftet. Handelte es sich früher meist um überschuldete Bauern, Leibeigene, mittellose Städter oder Vogelfreie, gibt es heute verschieden stark professionalisierte Truppen. So werden einerseits schlecht bewaffnete Milizen im Kongo und in Ruanda eingesetzt; andererseits kämpfen hochqualifizierte bei verdeckten Operationen in Afghanistan und im Irak. Selbst, wenn sie im Geheimen agieren, sind sie doch meist als zusammengehörige Truppe erkennbar. Söldner tragen Uniform oder eine Kennzeichnung, die sie als Kämpfer auszeichnet.

Hohe Gehälter lassen sich insofern rechtfertigen, dass Söldner ein hohes Risiko eingehen. Söldner sind nämlich nach dem Kriegsvölkerrecht keine Kombattanten, also Personen, die zu Kriegshandlungen berechtigt sind, sondern Zivilisten. Sie haben im Falle der Kriegsgefangenschaft keinen Anspruch auf Behandlung im Sinn der Genfer Konventionen.
Somit nehmen Söldner illegalerweise an einem bewaffneten Konflikt teil. Sollte der Söldner lebend aus einem Kriegsgebiet in sein ursprüngliches Heimatland zurückkehren, ist auch dort keine Straffreiheit gewährleistet. In vielen Ländern ist nämlich der Kriegsdienst für ein anderes Land verboten. So kann der Söldner in seinem Heimatland zu einer Haftstrafe verurteilt werden oder ihm kann sogar die Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Auszug aus den Genfer Konventionen
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Auch andere rechtliche Probleme treten auf: Dass ein Söldner, der an Kampfhandlungen teilnimmt, als Söldner gilt, steht außer Frage. Was sind dann aber ein Techniker oder ein Mitarbeiter eines Logistikunternehmens auf einem Militärstützpunkt? Selbst, wenn sie aktiv keine Waffe bedienen, tragen sie doch zum Gelingen der Mission bei. Sind sie Söldner? Die Privatisierung im Sektor Militärdienstleistungen schreitet immer weiter voran und rückt mit großen Firmen wie (Ex-) Blackwater weiter ins Licht der Öffentlichkeit.
Vielleicht ist es bei all der Empörung auch an der Zeit, diese Privatisierung wie in anderen Branchen, als logische Konsequenz zu begreifen. Denn, warum sollten Soldaten allein aus ideologischen Gründen ihr Leben riskieren und mit geringster Bezahlung in den Krieg ziehen?

(Text: Lea Kramer / Fotos:  Europäischer Hochschulverlag GmbH & Co KG (Hrsg.): Die Genfer Konventionen nebst Anlagen und Zusatzprotokollen, Bremen 2010)

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