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Die Rache einer Frau

Welcher Film wird die nächste „Amélie”? back view-Redakteurin Anna Franz hält in Frankreich Ausschau nach den neusten Kino-Hits. Bei Familie Pujol sind Geheimnistuerei und Skrupellosigkeit an der Tagesordnung, der Sohn liebt seine Schwester – das französische Chaos ist perfekt!

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KinoeckeEin Vorzeige-Ehepaar der 70-er: Die liebende Mutter und Hausfrau, Madame Pujol (Catherine Deneuve) und der erfolgreiche, etwas cholerische Monsieur Pujol, Geschäftsführer der familieneigenen Regenschirmfabrik. Während sie ihm fröhlich sein Frühstück bringt und ihn an seine Tabletten erinnert, erträgt er diese Fürsorglichkeit mit konstant schlechter Laune, wie es sich für einen richtigen Patriarchen gehört. Die hübsche Tochter und zwei adrette Söhne perfektionieren das Familienidyll, wenngleich man den erfolgreichen Monsieur Pujol, der sich stets auf Dienstreisen befindet, nur durch Erzählungen kennen lernt. Wie glücklich alle sind! Als auch noch Madame Pujols Sohn sein Politik-Studium an einer renommierten Pariser Universität unterbricht, um seine Mutter zu besuchen, ist die ganze wunderbare Familie vereint. Und schon beginnt die Fassade zu bröckeln.

Skandale, Skandale
Monsieur Pujol hat seit Langem eine Affäre mit der Sekretärin. Seine Frau erträgt es mit gesunder Ignoranz, bis ihre Tochter ihr vorwirft, nur eine „Potiche” zu sein: Eine hübsche Vase, zu nichts zu gebrauchen, außer neben ihrem Mann schön auszusehen. Das möchte Madame Pujol nicht auf sich sitzen lassen. Und Monsieur Pujol hat noch eine weitere beunruhigende Nachricht parat: Der Vorzeigesohn bändele gerade mit einem Mädchen aus dem Dorf an und es sei anzunehmen, dass eben diese Tochter seine Tochter wäre. Doch Madame Pujol lächelt nur. Sie hat auch ihre Geheimnisse.Als wäre dem nicht schon genug, rollt die nächste Katastrophe daher: Streik in der Regenschirm-Fabrik! Monsieur Pujol wird von den aufgebrachten Arbeitern in seinem Büro festgehalten. Da kann nur einer helfen: Der Bürgermeister, Sozialist und Ex(?)-Geliebte Madame Pujols. Es wird in alle Richtungen intrigiert und schließlich Monsieur Pujol befreit, der vor lauter Aufregung eine Herzattacke erleidet. Madame Pujol ergreift ihre Chance. Kurzerhand besteigt sie den Chefsessel, stellt Sohn und Tochter ein und beginnt, den Laden umzukrempeln. Als es Monsieur Pujol wieder besser geht, muss er feststellen, dass seine Frau nicht vorhat, ihm die Firmenführung aufs Neue zu überlassen. Der Rosenkrieg beginnt.

Nach außen perfekt, im Innern verdorben
Regisseur François Ozon („8 Frauen”) legt viel Wert auf die „perfekte Fassade”: makellose Gesichter, vollkommene Föhnfrisuren, faltenfreie Kleidung. So schafft er einen Gegensatz zum dunklen Innern der Figuren, die vor nichts zurückschrecken und nur an das eigene Wohl denken. Er lässt seine Schauspieler ihre Rollen überzeichnet darstellens, was den Film ein wenig „künstlich” erscheinen lässt. Doch dieses „Künstliche” ist durchaus gewollt und seit „8 Frauen” das Kennzeichen von François Ozons Komödien. Herrlich bissiger Humor durchzieht den gesamten Film – wobei zu hoffen ist, dass dieser hoffentlich auch nach der Übersetzung ins Deutsche erhalten bleibt.

Fazit
„Potiche” ist der perfekte Film für einen Abend mit bösem, aber niemals flachem Humor. Durch seine Unkompliziertheit besticht die familientaugliche, intelligente Komödie mit Catherine Deneuve und Gérard Dépardieu in starken Rollen. In Deutschland startet „Potiche” von François Ozon voraussichtlich am 24. März 2011.

Bewertung: 4 von 5 Sternen

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(Text: Anna Franz / Zeichnung: Christina Koormann)

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