Meinungen

Die Grenzen des Humors

Jeder Mensch hat einen anderen Humor und oftmals benötigte Sarkasmus-Schilder brauche ich hier eigentlich gar nicht zu erwähnen. Aber es gibt erstaunlich viele Themen in unserer Gesellschaft über die man keine Witze machen darf.

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Betretenes auf den Boden schauen. Nervöses Lachen. Oder ein entrüsteter Blick. Wenn man einen Witz erzählt, hofft man, genau solche Reaktionen eben nicht zu bekommen. Den Geschmack des Gegenübers nicht zu treffen, kann ganz schön peinlich werden. Wenn sich der andere aber auch noch persönlich angegriffen fühlt, kann die Situation schnell zum Desaster werden.

Der kleine schreiende Mann
Das No-Go für jeden Deutschen ist klar: Hitler. Und Juden. Die kommen sowieso oft zusammen vor. Wahrscheinlich wird noch in ferner Zukunft von Generationen nach uns erwartet, dass sie sich für die Taten jenes Mannes schämen. Der doch noch nicht einmal ein Deutscher war.
Jüdische Komiker hingegen machen oft Witze über Hitler. Sie sehen das Komische im Tragischen und wissen, dass Lachen hilft. Seine Reden und sein Bart haben auch eine gewisse Komik, könnte man meinen. Ich natürlich nicht. Ich darf über so etwas nicht lachen.

Political Correctness ist das Hasswort jedes Komikers – und auch für jedes Politikers, wie es scheint. Vorbei die Zeit des Hofnarren, dem man so ziemlich alles durchgehen ließ, selbst, wenn er sich über den König lustig machte.

Schwarz, schwärzer, Britischer Humor
Im Gegensatz zu den Deutschen, die sich in den meisten Fällen an die ihnen auferlegten Humor-Kriterien halten, empfinden die Briten solche eher als Richtlinien, denn als wirkliche Regeln. Egal ob in Serien wie Little Britain oder The Office, niemand ist vor ihren Scherzen sicher. So lustig es allerdings ist, wenn Vicky Pollard einen Kinderwagen mit acht Babys durch die Gegend schiebt oder die selbst nicht ganz dünne Leiterin der örtlichen Fat Fighters Gruppe im Restaurant Pommes aus ihrer Tasche isst, gehen manche oft wiederholten Witze doch gegen den guten Geschmack.

Ich finde es eher unschön in jeder Folge einer Dame zuzusehen, wie sie sich übergibt, weil sie mit Schwarzen, Schwulen, Obdachlosen oder anderen Randgruppen Kontakt hatte. Und wenn Ricky Gervais eine weitere sexuelle Anspielung macht, möchte man ihm am liebsten eins mit dem Klemmbrett überziehen.

Der Mann in dem Pullunder
Wenn Olaf Schubert die Bühne betritt, muss man sich ein Schmunzeln schon verkneifen. Pullunder, Hose bis zum Bauchnabel und auf dem Kopf ist es auch schon recht luftig. In seinen Sketchen spricht er allerdings auch Themen an, die nicht unbedingt zum Lachen geeignet sind. Kindesmissbrauch zum Beispiel. Er selbst nennt sich ja Betroffenheitslyriker. Und das passt ganz gut, wie ich finde. Denn Themen, die so gern tabuisiert werden, betreffen uns doch alle. Komiker können und müssen über alles Witze machen. Denn auch, wenn wir nicht lachen, regt es uns doch zum Nachdenken an.

Und deshalb meine ich: Witze machen muss erlaubt sein. Egal über wen oder was. Auch, wenn damit die Gefahr deutlich steigt, dass man den Geschmack des Gegenübers eben nicht trifft!

(Text: Franziska Mayer)

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Mehr zum Titelthema LACHEN gibt es hier:
Interview mit Eva Ullmann, Leiterin des Deutschen Instituts für Humor
Die Typologie des Lachens
Über die Grenzen des deutschen Humors
Das deutsche Institut für Humor in Leipzig
Wie unterschiedliche Lachtypen über Sympathie entscheiden

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