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Sonnenliegen und Tennissocken in Sandalen

Offenes Hawaihemd, darunter spitzt der kugelrunde Bierbauch hervor. An den Füßen weiße Tennissocken, die in den Sandalen besonders gut zur Geltung kommen. Sieht so der typische deutsche Tourist aus?

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Bei der Suche nach einem aufschlussreichen Querschnitt durch die Vielfältigkeit der Nationen wird man zum Beispiel bei Massenveranstaltungen wie dem Oktoberfest oder einer Reise in die Schinkenstraße fündig. Hier trinkt der Amerikaner mit dem Japaner und der Deutsche mit dem Briten.

Dabei erkennt man zum Beispiel den Japaner nicht nur daran, dass er seinen anderen Landsmänner ähnelt, sondern, weil er im Kreise seiner 20-köpfigen Reisegruppe aufgeregt alles fotografiert, was ihm vor die Linse kommt. Zu den Motiven gehören sicherlich auch ein paar Briten, die dem flüssigen Gold auf dem Oktoberfest bereits zum Opfer gefallen sind und gerade noch links und rechts an der Kamera vorbeischielen können.

Buffetrowdy, Liegenbesetzer und Tennissockenfan
Anhand von Aussehen und Verhaltensweisen lässt sich also nahezu jeder Tourist ohne größere Schwierigkeiten seiner jeweiligen Nation zuordnen, sofern im Vorfeld genug Stereotypen existieren. Geht man nach der Anzahl der Vorurteile, steht der deutsche Tourist weder dem Japaner noch dem Briten in etwas nach.

Laut Deutschem Reiseverband ist der deutsche Urlauber mit Reiseausgaben von etwa 61 Milliarden Euro im Jahr absoluter Reiseweltmeister und wer so viel unterwegs ist, hinterlässt natürlich auch einen bleibenden Eindruck.

Doch wie genau stellt man sich den deutschen Touristen eigentlich vor? Ein Blick ins eigene Fotoalbum des letzten Urlaubs könnte zur Beantwortung dieser Frage bereits genügen. Auf einem der Fotos trägt Onkel Herbert in der Schlange zum Buffet sein luftiges Lieblingshawaiihemd, darunter blitzt ein weißes Rippchen-Shirt hervor. Dazu hat er seine kurzen Shorts angezogen und die Birkenstock-Sandalen mit Socken, die er bis zum Anschlag hochgezogen hat.

Eine ganz besondere Beziehung: Deutsche Touristen und Sonnenliegen

Er lacht auf dem Foto, weil er sich in der Buffetschlange gerade an dem Franzosen vorbeidrängeln konnte, mit dem er am Morgen noch einen Handtuchkrieg am Pool geführt und verloren hatte. Onkel Herbert erfüllt nahezu alle Kategorien, um als typisch deutscher Tourist identifiziert werden zu können.

Der typisch deutsche Tourist fernab von Stereotypen

Obwohl Onkel Herbert ein Paradebeispiel für den typisch deutschen Touristen zu sein scheint, sollte man beachten, dass die Kategorisierung eines Touristen aufgrund von Stereotypen auch Irrtümer hervorrufen kann. Fernsehsender bedienen sich nicht selten zur Quotensicherung eben diesen Klischees. Pro7 beispielsweise schickt im Frühsommer für das Format „We love Lloret” acht junge Ruhrpottler nach Lloret de Mar und begleitet sie mit der Kamera. Mit einer Tendenz zur Fremdscham verfolgt man von Folge zu Folge Partyeskapaden, Prollgehabe und andere Peinlichkeiten der jungen Touristen aus Deutschland.

Die Realität zeigt aber auch andere Seiten: laut einer Studie der TNS Infratest schätzen viele Hotelmanager beispielsweise den Ordnungssinn und die Großzügigkeit des deutschen Touristen. Allen Vorurteilen zum Trotz gilt der deutsche Tourist nach Japanern, Briten und Kanadiern sogar als beliebtester Urlauber.

Damit das auch so bleibt und der deutsche Tourist gar nicht mehr zum Nörgeln kommt, bieten manche Reiseveranstalter jetzt testweise sogar schon beim Buchen der Reise die Reservierung einer Liege an.

(Text: Laura Gassner / Foto: Niels Richter by jugendfotos.de)

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