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Bezaubernde Literaturverfilmung aus Frankreich

Der Name René Goscinny ist in Frankreich Kult. Er steht für einen der bekanntesten Comicautoren des 20. Jahrhunderts, für Figuren wie Lucky Luke, Umpah-Pah und Asterix. Die Kinderzimmer der späten 50er Jahre eroberte Goscinny aber vor allem mit lustigen Geschichten um „Le pétit Nicholas”, die unter der Regie von Laurent Tirards nun auch die Leinwand erobern.[divide]

KinoeckeDer kleine Nick (Maxime Godart) hat ein großes Problem: Seine Mutter ist schwanger. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sein Vater plötzlich den Müll entsorgt und das auch noch ohne zu meckern. Als er schließlich noch ein verräterisches Gespräch seiner Eltern belauscht, ist die Sache für ihn klar. Ein kleiner Bruder ist im Anmarsch. Für Nick eine Katastrophe, will er doch weiterhin Mamas Liebling und Mittelpunkt der Familie sein. Nick trommelt seine Schulbande zusammen und berät, was zu tun ist.

Ergebnis der Krisensitzung: Nick soll sich unentbehrlich machen und seinen Eltern zeigen, wie wertvoll er ist. Sein Versuch, das Haus in Abwesenheit der Eltern rundum zu erneuern, geht allerdings mächtig in die Hose. Plan B muss her: Das Baby nach der Geburt verschwinden lassen. Dazu fehlt den Jungs jedoch nicht nur ein anständiger Gangster, sondern auch das nötige Kleingeld, um ihn zu bezahlen. Eine clevere Geschäftsidee soll Abhilfe schaffen.

Ein aufgeweckter Haufen kleiner Jungs in Shorts und Kniestrümpfen, das Frankreich der frühen 1960er Jahre und ein grandioser Soundtrack verleihen „Le pétit Nicholas” einen ganz besonderen Charme. Die authentische Kulisse sowie die detailreichen Kostüme entwerfen ein nostalgisch-wehmütiges Bild einer Zeit, in der Kinder sich noch Zaubertränke mischten und ihr Fräulein Lehrerin beeindrucken wollten. Dass die Geschehnisse aus der Sicht des kleinen Protagonisten erzählt werden, verleiht dem Film zusätzlich etwas Kindlich-Naives, das von der ersten bis zur letzten Minute bezaubert.

Die Verfilmung profitiert jedoch vor allem von den herrlich-absurden Charakteren. Der dicke Otto beispielsweise, der Politiker werden möchte, um immer gutes Essen um sich zu haben. Oder der strebsame Adalbert, der nicht geschlagen werden darf, weil er eine Brille trägt. Eine urkomische Darbietung liefert auch Kad Merad („Willkommen bei den Sch’tis”) in der Rolle von Nicks Vater, der alles gibt, um beruflich aufzusteigen und seine temperamentvolle Gattin zu befriedigen, die verzweifelt versucht, den Führerschein zu bestehen.

Regisseur Laurent Tirards hat sich bewusst dagegen entschieden, aus den drolligen Geschichten um Nick einen Animationsfilm zu machen. Anfänglich erntete er Kritik für diesen gewagten Schritt, existiert Nick doch in vielen Köpfen als Strichmännchen. Tirards ging bei der Auswahl seiner Darstellung allerdings derart bewusst vor, dass Comic- und Filmcharaktere nahezu identisch wirken.

„Der kleine Nick” ist eine herzerwärmende Komödie, die mit Originalität und Humor überzeugt und eine Welt zeigt, die es in dieser Form nicht mehr gibt.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

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(Text: Julia Hanel / Zeichnungen: Christina Koormann)

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