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App zum Coolsein

Nach Berlin hat es jetzt auch Leipzig erwischt: eine Facebook-Fanseite und eine dazugehörige App, die dem Nutzer mit Informationen zu stattfindenden Open-Airs versorgt. Szenegänger sehen bestürzt dabei zu, wie andere unbekümmert Standorte posten. Und damit vielleicht auch die Polizei auf die eigentlich geheimen Partys aufmerksam machen.

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Rechtzeitig zur Open Air-Saison hat sich nach langem Winter und Hochwasser endlich der Sommer in Deutschland breit gemacht. Besonders in Leipzig gibt es in diesen Monaten unzählige Events, wie das Holi Open Air oder das jährlich stattfindende Plagbeatz. Neben diesen offiziellen und angemeldeten Veranstaltungen gibt es aber immer wieder schnell auf- und abgebaute DJ-Pults in Parks und an anderen Orten.

appcoolDiese waren bisher nur Szenegängern bekannt und wurden durch die altbewährte Mundpropaganda weitergegeben. Wenn auch hier schon Facebook durch privat versendete Nachrichten sicherlich bei der schnellen Verbreitung mithalfen.
Aber nun hat sich eine Gruppe aus Berlin die Beliebtheit dieser inoffiziellen Partys zu – Nutze gemacht und eine Facebook-Fanseite gegründet. Hier und in der dazugehörigen App können laut Betreibern verifizierte DJ’s und Veranstalter Ort und Zeit dieser Open-Airs posten.

Neben begeisterten Leuten, die auch gleich noch Bilder der aufgebauten Anlagen ins Netz stellen, empören sich viele Anhänger der Electro-Szene über dieses Programm. Manche Nutzer etwa drohen mit der Boykottierung der geposteten Open-Airs, weil sie nicht mit Leuten feiern wollen, die von der Szene anscheinend keine Ahnung haben. Sie fühlen sich, vor allem durch die Mondpropaganda, als eine elitäre Gruppe in der Neulinge nicht erwünscht sind.

Doch nicht nur Szeneunkundige könnte diese neue App anziehen. Viele Nutzer befürchten auch, dass die Polizei und das Ordnungsamt nun ein viel leichteres Spiel haben, um die nicht ganz legalen Partys zu beenden, bevor sie überhaupt angefangen haben.
Denn die Freiluftfeten sind nicht nur eine extreme Lärmbelästigung für die Nachbarschaft, sondern hinterlassen in den meisten Fällen auch viel Müll. Wer nicht hier gewesen sein darf, muss auch nicht aufräumen, scheint der Gedankengang der Feierwütigen zu sein.

Trotz allem bietet die App einen einfacheren Einstieg in die Electro-Szene und einen aktuelleren Festival-Guide als jedes Stadtmagazin ihn bieten kann. Die Schwächung des elitären Verständnisses der Zuhörer und Partygänger steht damit im Einklang mit einer Welt in der wohl jede Gruppe für Chancengleichheit zu kämpfen scheint.
Und wer trotz allem zu spät kommt und nur noch den Abbau der Geräte mit ansehen kann: Bei dem Wetter kann man sich auch mit Laptop auf den Balkon setzen und seine eigene Party veranstalten; vielleicht schicken dir deine Nachbarn sogar die Polizei vorbei.

Und für alle, die jetzt neugierig geworden sind, hier der Link zur Leipziger Facebook-Fanseite: OpenAirsLeipzig

 

(Text: Franziska Mayer / Foto: Anissa Eberhardt by jugendfotos.de)

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